Hierarchie in der Führung

Hierarchie-SymbolNetzwerkbildung und Komplexitätszunahme wirken sich auf die Anforderungen an Führungskräfte aus

Bei der Suche nach einer alternativen Unternehmenskultur, die Mitarbeiter stärker als Menschen begreift und weniger als Funktionsträger, kommt gelegentlich die Frage auf, ob diese gänzlich ohne Hierarchie auskommen kann. Ich denke, dass es verschiedene Formen und Ausprägungen der Hierarchie gibt, die nicht insgesamt zu verdammen sind.

Zweifellos dient in den meisten Unternehmensformen Hierarchie zur schroffen Abgrenzung von Zuständigkeitsbereichen und als Argument zum Teil für deutlich gestaffelte Management-Vergütungen. Doch betrachten wir zunächst die Wortherkunft: Das Wort Hierarchie stammt aus dem Altgriechischen und setzt sich zusammen aus den Wortteilen „hierós“ für „heilig“ und „arché“ für „Anfang, Führung, Herrschaft“. Müßig bleibt die Überlegung, warum die „Führung heilig“ gesprochen wurde: Etwa, damit niemand am Führungsprinzip rütteln sollte? Oder weil die Aufgabe andere zu führen, eine heilige Verpflichtung darstellt?

Hierarchien sind nicht in Stein gemeißelt 

Hierarchien entstehen zur besseren Organisation eines Systems. Einerseits spezialisieren sich Mitarbeiter und befinden sich dann in einer horizontalen Arbeitsteilung, das heißt nebeneinander auf einer Ebene. Andererseits zeigen gewisse Mitarbeiter aufgrund ihrer Ausbildung oder ihrer erzielten Erfolge „Führungsqualität“, sodass ihnen zugestanden wird, Aufgaben zu delegieren, also in Über- und Unterordnung vertikal weiterzurreichen.

Unabhängig von ihrer fachlichen Kompetenz haben gewisse Menschen eine sehr ruhige und bestimmte Ausstrahlung, die ihnen natürliche Autorität verleiht. In gewissen Kulturkreisen ist es auch üblich, älteren Mitarbeitern aufgrund ihres Erfahrungsschatzes grundsätzlich besonderen Respekt zu zollen und ihre Meinung zu berücksichtigen.

Gewisse hierarchische Strukturen entstehen in einem Unternehmen bereits durch seine Gründung, indem mutige, visionäre oder einfach geschäftstüchtige Menschen ein unternehmerisches Risiko eingehen. Je stärker die Mitarbeiter in einem klar abgesteckten Feld ihre Arbeit jedoch selbst bestimmen, desto weniger wichtig wird die vertikale Hierarchiepraxis des Delegierens.

Komplexitätsfalle, Machtverlagerung und Kernschmelze

KomplexitätszunahmeDer Organisations-Psychologe Professor Peter Kruse ist Spezialist für Komplexitäts-Verarbeitung in intelligenten Netzwerken und sieht derzeit vor allem drei Herausforderungen für die Führung. Die „Komplexitätsfalle“ bewirkt, dass sich die Schere zwischen Wirkung und Wissen immer weiter vergrößert (Unplanbar­keit). Anstatt dass die Führungskraft also Pläne für die erfolgreiche Umsetzung einer Aufgabe ausarbeitet, sollte sie eher Partner bei der Reflexion der Rahmen­bedingungen und ihrer Auswirkungen auf das unternehmerische Handeln sein.

Eine „Machtverlagerung“ – indem Konsumenten in Netzwerken ihre Meinungen äußern – führt dazu, dass aus Anbieter gesteuerten Push- Nachfrage gesteuerte Pull-Märkte werden. Die Führungskraft müsse daher weniger Vordenker als Impulsgeber werden. Anstatt das System nach althergebrachten Hierarchien zu steuern, wäre es hilfreicher die autonome Eigendynamik des Systems rechtzeitig zu erkennen. Drittens benennt Peter Kruse mit „Kernschmel­ze“ ein Phänomen in Netzwerken, das eine abnehmende Bindung an einzelne Unternehmen und eine höhere Wechselbereitschaft bewirkt. Insofern dient die Führungskraft weniger als Vorbild und Autorität, sondern eher als Berater, der Mitarbeiter bei ihrer persönlichen Entwicklung begleitet und unterstützt.

Laterale-Führung-SymbolLaterale Führung (seitliche Führung auf Augenhöhe) bedeutet nicht, dass es keine Führung mehr gäbe. Und ebenso besagt auch die fortschreitende Netzwerk­bildung laut Peter Kruse nicht,

„dass es keine Hierarchien mehr gäbe. Nur ihre Funktion wird spezifischer.“

18. Januar 2014 von JoergBenner
Kategorien: Mitarbeiter-Wissen, Soziales Netzwerken, Verantwortung | Schlagwörter: , , , , , , , | 2 Kommentare

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