Fairplay im Alltag 11-2016 – Aus Einsicht handeln

KStA_Putin-denkt_15-03-2016Der Kölner Stadt-Anzeiger hat anlässlich der lit.cologne 2016 ein ausführliches Interview mit der russischen Künstlerin und Politaktivistin Nadja Tolokonnikowa von „Pussy Riot“ geführt. Darin ist unter anderem von ihrem neuen Buch „Anleitung zu einer Revolution“ die Rede, geprägt von den Zuständen und ihren Erlebnissen in Russland.

Obwohl sie ihr Heimatland als Diktatur bezeichnet und sagt, das Land entwickle „ähnliche Züge zu dem, was man unter dem Begriff des Faschismus versteht“, fühlt sie sich doch wohl in Moskau und möchte dort bleiben. Über das gesamte Interview hinweg sind einige Stellen bezeichnend dafür, dass sie eine wohl durchdachte Position einnimmt. Sie hat fünf Jahre lang an der philosophischen Fakultät der Lomonossov-Universität in Moskau studiert.

Mediazona-SchriftzugZunächst räumt sie ein, dass sie Putin nicht hasse, auch nachdem sie seinetwegen zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilt worden sei: „Ich hasse niemanden. Das ist meine ethische Position.“ Diese hat sie auch eine Non-Government-Organisation mit begründen lassen, unter dem Namen Mediazona, mit dem Ziel ernsthaft erkrankten Gefangenen zu helfen.

Ein Rückbezug zum Titel ihres Buches entsteht zunächst, indem sie Revolutionen als etwas Natürliches beschreibt und diese nicht auf politische Aktivitäten eingrenzt. Dabei beruft sie sich auf Karl Marx und die so genannte 11. Feuerbach-These, wonach es nicht darauf ankomme, die Welt unterschiedlich zu interpretieren, sondern sie zu verändern.

Anleitung-für-eine-RevolutionDie zentrale Passage des Interviews ist für mich, dass sie den kategorischen Imperativ von Kant ganz klar abhebt von der „goldenen Regel der Moral“ („Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“):

„Kant stellte das höchste Moralprinzip auf eine neue Basis. Er lehrte, du musst aus moralischer Pflicht handeln und kannst nicht einfach einen moralischen Gewinn erwarten, einen Profit für dein Tun. Du handelst als moralische Person, also aus deiner eigenen Einsicht. Dafür gibt es keinen Profit.“

Leider, fährt sie fort, hätten auch 200 Jahre später noch zu wenige Menschen dieses Denken verinnerlicht. Um diesen Fairplay-Gedanken für den Alltag herunter zu brechen, ist noch einmal festzuhalten: Wenn ich mich an vereinbarte Regeln halte, so tue ich dies nicht aus der Absicht heraus, einen Gewinn zu erzielen, sondern aus der Überzeugung heraus, dass ich es für richtig halte. Der Vorteil für alle liegt auf einer anderen Ebene als ein persönlicher Profit.

Das bedeutet, nicht mein persönlicher Vorteil steht im Vordergrund, sondern die Übereinstimmung mit den Normen und Gesetzen. Im Fußball sehen wir häufig Spieler, die durch Tricksen und Täuschen aber auch durch Schauspielern und Betteln versuchen einen Vorteil für sich und ihr Team herauszuziehen. Dieses Verhalten ist demnach – um das einmal deutlich zu formulieren – zutiefst unethisch und unfair.

SOTG_Know-The-RulesFür Schiedsrichter und im Sportspiel Ultimate Frisbee, das ohne externe Schiris auskommt, insofern auch für die Spielerinnen und Spieler, geht es dann auch darum, die Regeln richtig zu interpretieren. Doch dies soll nicht zum Zweck des persönlichen Erfolgs geschehen, sondern zum Zwecke des einvernehmlichen Fortführens des Spiels nach strittigen Situationen. Gerade vor dem Hintergrund des von Kant erhöhten Moralprinzips eine lohnenswerte Übung dafür aus Einsicht zu handeln.

Das Konzept des „Spirit of the Game“ beim Teamsport Ultimate Frisbee betont fünf Hauptpunkte für ein gelingendes Auskommen auf Augenhöhe: Regelkenntnis – Respektvolle Kommunikation – Vermeiden von Körperkontakt – Faire Einstellung – Liebe zum Spiel. Bei Interesse an entsprechenden Vorträgen oder Workshops kontaktieren Sie mich bitte.

15. März 2016 von JoergBenner
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