Wir müssen etwas ändern! Aber wie?

Führungskultur-im-WandelMehr als drei Viertel aktuell befragter Führungskräfte wünschen sich einen Paradigmenwechsel in der Führungskultur. Dieser kann aber nur eintreten, wenn sie selbst dafür einstehen. Dies ergibt eine neue Kulturstudie des Bremer Beratungsunternehmens „Nextpractice“.

Die Untersuchung „Führungskultur im Wandel“ hat mittels 400 „Tiefeninterviews“ mit deutschen Führungskräften untersucht,

  • welche Praxis der Unternehmensleitung vorherrscht,
  • welche Erwartungen an die Zukunft bestehen
  • und wie stark die Diskrepanz zwischen beiden Horizonten wahrgenommen wird.

Die befragten Führungskräfte, darunter ein Drittel Mitglieder von Vorstandsetagen, lieferten eine schonungslose Selbstkritik, wonach sich „die Schere zwischen Führungspraxis und Führungsanforderungen“ in den vergangenen Jahren immer stärker geöffnet habe. In Deutschland herrscht nach wie vor überwiegend ein starres Top-Down-Konzept, das Anweisungen und Kontrolle vor allem von oben nach unten transportiert.

nextpractice-LogoDas Bremer Wissenschaftlerteam unter Leitung des Nextpractice-Gründers und -Geschäftsführers Peter Kruse erkannte bei den Befragten die Einsicht, dass dieser typisch deutsche Führungsstil ein „entscheidender Nachteil im Ringen um Bindung und Gewinnung von Talenten“ sei. Doch auch das zu Recht vermutete „hohe Kritikpotenzial an der Führungsrealität“ im eigenen Unternehmen ist noch kein Anlass zum Wandel.

nextpractice-Geschäftsführer-Peter-KruseWas hat sich um uns geändert?

Zur Frage der veränderten Rahmenbedingungen sei Peter Kruse aus einem Interview zitiert, das am 29. September 2014 auf trendreport.de veröffentlicht wurde:

„Die Komplexität der vernetzten Märkte erzwingt ein Ausmaß der Erhöhung der unternehmensinternen Vernetzung, das Stabilität im Berufsalltag zur Ausnahme werden lässt.

Handlungsfähigkeit ist immer weniger eine Frage der Balance von Stabilität und Instabilität auf der Verhaltensebene, sondern zunehmend eine Frage der Fähigkeit, sich angstfrei und neugierig auf unkalkulierbare Marktdynamiken einzulassen.

An die Stelle von Planung und Steuerung treten Achtsamkeit und Empathie. (…) Instabilität im Handeln ist drauf und dran zum Dauerzustand zu werden.

Früher lag die Kunst der Veränderung in der Gestaltung des Überganges von einer Verhaltensstabilität zur Nächsten. Heute ist es die Kunst, die lebensnotwendige Stabilität vom konkreten Verhalten auf höhere Systemebenen zu verlagern.

Es ist nicht verwunderlich, dass das Verständnis und die Gestaltung von Unternehmenskulturen immer mehr als strategisch wichtige Führungsaufgabe akzeptiert wird.“

Welche Konsequenzen sind absehbar?

In Bezug auf die unternehmerische Wirklichkeit hält die Studie die Folgen der zunehmenden Komplexität und Geschwindigkeit der Märkte in zehn Kernaussagen zu guter Führung fest. Demnach sind sich die befragten Manager in folgenden Punkten weitgehend einig:

  • Flexibilität und Diversität tragen wesentlich zum künftigen Erfolg bei (These 1). Bewegliche Führungsstrukturen und die Förderung von Unterschieden sind gefragt, kommen aber selbst in international agierenden Konzernen noch viel zu selten zum Einsatz: Partizipation, Selbstbestimmung und agile Führung? Fehlanzeige!
  • Schlüsselkompetenz ist die Fähigkeit zur professionellen Gestaltung ergebnisoffener Prozesse (These 2). Instabile Marktdynamiken und abnehmende Vorhersagbarkeit machen ein schrittweises Vortasten ratsam.
  • Selbst organisierende Netzwerke sind das favorisierte Zukunftsmodell (These 3), um Kreativität, Innovations- und Tatkraft zu steigern. Zielemanagement und Controlling erscheinen dagegen unangemessen. Das klassisch hierarchisch steuernde Management wird sogar zum Gegenentwurf von guter Führung stilisiert (These 4).
  • Traditionelle Wettbewerbsstrategien haben die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit erreicht (These 5). Nur noch knapp ein Drittel der deutschen Manager hält an einer Effizienzorientierung fest.
  • Autorität basiert auf Resonanz. Für neue Führungsqualitäten wie Empathie und Einsichtigkeit ist persönliches Coaching unverzichtbar (These 6). Wertschätzung und Eigenverantwortung bilden künftig stärkere Motivationsfaktoren als materielle Anreize (These 7). Autonomie schlägt Statussymbole.
  • Gesellschaftliche Solidarität und soziale Verantwortung rücken weiter in den Fokus der Aufmerksamkeit (These 8). Mehr als drei Viertel der interviewten Führungskräfte wünschen sich eine grundlegende Änderung der aktuellen Führungspraxis (These 9, s.o.). Und: Die Führungspraxis in Deutschland ist angesichts der Arbeitswelt im Wandel weit entfernt von den aktuellen Führungsanforderungen (These 10).

Führungskräfte-wünschen-ParadigmenwechselWeiter fraglich bleibt daher, mit welcher Dynamik sich die Entwicklung der Unternehmenschefs von selbstherrlichen Königen zu weisen Verwaltern ihrer Werte-Reservoirs vollziehen wird. Denn offenbar sind die Führungskräfte aktuell mehrheitlich  noch nicht in der Lage, diese neue Art von Vorgesetzten zu verkörpern. Und trotz einer zunehmenden Digitalisierung der Geschäfts-Prozesse bleiben die Menschen doch Wesen aus Fleisch und Blut.

Die Studie Führungskultur im Wandel wurde durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen der Initiative Neue Qualität der Arbeit gefördert.

24. Oktober 2014 von JoergBenner
Kategorien: Mitarbeiter-Wissen, Soziales Netzwerken, Verantwortung | Schlagwörter: , , , , , , , , , , , , , | Schreibe einen Kommentar

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