Fairplay im Alltag 50-2016 – Von der Mühe des Guten

„Der Mensch ist gar nicht gut.
Drum hau ihn auf den Hut
Hast du ihn auf den Hut gehaut,
dann wird er vielleicht gut.“


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Was Bertolt Brecht in der Dreigroschenoper im Lied von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens so schön formulierte, ist die Problematik des Gutseins. Eine aktuelle psychologische Studie aus Israel beleuchtet die Außenwahrnehmung meines Tuns: Wer sich sichtbar Mühe bei seinen Handlungen gibt, wird noch besser (oder noch schlechter) bewertet, als wer dies beiläufig oder unbewusst tut.

Die ethische Dimension unseres Handelns hat Bertolt Brecht im selben Werk, in der Ballade über die Frage „Wovon lebt der Mensch?“ zugespitzt auf die Formel: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“. Das heißt, Grundbedürfnisse gehen vor. Solange deren Befriedigung nicht sicher gestellt ist, herrscht zumeist das Recht des Stärkeren, Chaos oder Anarchie.

ksta_07-12-16_moral-mit-muehe2Umso höher sind da Handlungen zu bewerten, die eine deutliche Überwindung voraussetzen. Etwa, einen gefundenen, gut gefüllten Geldbeutel zurückgeben oder sogar eine Person aktiv aufsuchen, der dieser Geldbeutel gehört, ohne dabei auf Finderlohn zu spekulieren. Gemäß der Studie der hebräischen Universität Jerusalem bewerten Menschen im Alltag gute und schlechte Taten umso höher (respektive niedriger), desto mehr Anstrengung die Person darauf verwandt hat (siehe auch den SZ-Beitrag).

Dem entspricht in der Rechtsprechung die Frage nach dem Vorsatz zu einer schlechten Tat. Wird ein Verbrechen im Affekt begangen, kann unter Umständen eine geringere Strafe folgen, als wenn das Verbrechen perfide geplant und kaltblütig umgesetzt wurde.

ksta_07-12-16_moral-mit-muehe3Ein Beitrag im Kölner Stadt-Anzeiger, der die Studie behandelt, geht in der gebotenen Kürze auf Immanuel Kant ein, der eher auf die Pflicht beim Handeln abhebt, denn auf dessen Folgen. Als moralisch gilt demnach, wenn ich mit ganzer Kraft dem moralischen Gesetz folge, das ich für richtig erachte. Andererseits zitiert der Autor Michael Hesse auch die Kant’sche Sentenz, wonach es Taten gibt, die einen Menschen erst als würdig erweisen, glücklich zu sein.

SOTG_Enjoy-PlayingIn meinem Workshop zur „Freude am Spiel und Freude am Leben“ gehe ich unter anderem auf die Geschichte des Psychotherapeuten und Publizisten Paul Watzlawick ein, in der ein Amadeo Cacciavillani tatsächlich eine gefundene Geldbörse dem Besitzer nach Hause bringt. Er tut das infolge dessen, dass zuvor ihm jemand etwas Gutes getan hatte. Watzlawick spricht von einem „merkwürdigen Spiel“, das er „Kettenreaktion des Guten“ nennt.

SOTG_Be-Fair-MindedIm Teamsport Ultimate Frisbee, der ohne externe Schiedsrichtende eine Selbstregulation der Spielenden erfordert, üben sich die Teilnehmenden genau darin, Mühe auf ihre Taten zu legen und keine vorschnelle Bewertung derselben vorzunehmen. Das macht die Sporttreibenden nicht automatisch zu besseren Menschen, aber es schärft das Bewusstsein und beeinflusst das Verhalten. Zudem ist es mühsam, jede strittige Situation selbst zu verhandeln. Aber es ist die Mühe wert.

Die  Fairplay-Regulierung umfasst im ersten Paragrafen des Regelwerk unter dem Begriff „Spirit of the Game“ fünf Bereiche, deren Berücksichtigung gefordert wird: Regelkenntnis – Respektvolle Kommunikation – Vermeiden von Körperkontakt (Verzicht auf Gewalt) – eine faire Einstellung – und die Freude am Spiel, die über einem „unbedingten“ Siegeswillen stehen soll.

Bei Interesse an entsprechenden Vorträgen oder Workshops kontaktieren Sie mich bitte.

17. Dezember 2016 von JoergBenner
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