Anforderungen an sich selbst hochhalten
Die aktuelle Verlagsbeilage „Berufsziel“ der Süddeutschen Zeitung hat vor kurzem die Frage aufgeworfen, wohin sich die Berufswelt bewegt, und bereits im Titel festgestellt: „Neue Werte sind gefragt“. Interessante Beiträge thematisieren den nötigen Kulturwandel in Unternehmen, der einerseits von den Mitarbeitern selbst ausgehen muss, andererseits aber auch eine unternehmerische Entscheidung erfordert.
Führungskräftecoach Sebastian Purps, der zusammen mit dem Neurobiologen Gerald Hüther die Initiative „Kulturwandel in Unternehmen und Organisationen“ gegründet hat, sieht einen Kulturwandel als Voraussetzung dafür an, dass Mitarbeiter sich voll einbringen und Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben können. In seinem Beitrag „Potenziale entfalten“ bezieht er sich auf die Global CEO-Studie von IBM aus den Jahren 2010 und 2012. Die vorige bezeichnet die Entfaltung ungenutzter kreativer Potenziale der Mitarbeiter als Schlüssel, um aktuelle und kommende Herausforderungen zu lösen. Die spätere rückt den Stellenwert ethischer Unternehmenswerte und einer offenen Unternehmenskultur in den Mittelpunkt.
Als Maßgabe für den Einzelnen formuliert Autor Purps, „positiver Egoist“ zu werden. Denn nur wer sich selbst kenne, könne seinen Weg bewusst gestalten. Dazu dienten Überlegungen wie: „Was fällt mir leicht und bringt mir Freude?“, „Was möchte ich bewegen?“ und „Welche Spuren möchte ich hinterlassen?“. Im Weiteren bezeichnet er den Weg „Vom Ich zum Du zum Wir“ als gesunde Reihenfolge und behauptet plakativ: Erfolg hat, wer sich selbst folgt. Von entscheidender Bedeutung sieht er dabei die innere Haltung.
Innere Haltung und Motivation sind für ihn die wichtigsten Voraussetzungen, um Veränderungen erfolgreich voranzutreiben. Um diese Überzeugung nach außen zu leben, schlägt er als Hilfsmittel starke innere Bilder vor, an die eine Führungskraft glaubt und die ihr Handeln leiten. Nur mit einem starken inneren Antrieb werde sie es schaffen, ihre Mitarbeiter zu „berühren“ und ihnen „unter die Haut“ zu gehen. Dabei gelte es zwei Grundbedürfnisse bei der Arbeit zu erfüllen: durch „zugewandtes Agieren“ dasjenige nach Verbundenheit und Zugehörigkeit sowie durch das Setzen der Rahmenbedingungen dasjenige nach selbstbestimmtem Arbeiten.
Die Perspektive des zentral verantwortlichen Unternehmers nimmt im Interview mit André Bosse Meinhard Miegel ein, der die Stiftung Denkwerk Zukunft gegründet hat. Die Wirtschaft wird über kurz oder lang stagnieren, wenn nicht sogar schrumpfen, lautet seine These. Demnach stehen wir am Ende einer historischen Periode stehen, die von allgegenwärtiger Expansion gekennzeichnet war. Weil die Periode des Wachstums fast 250 Jahre lang gedauert habe, könnten sich viele gar nichts anderes vorstellen. Dabei sei offensichtlich, dass Wachstum in Europa und den USA seit Jahren nur durch Verschuldung, Raubbau an der Natur betreibt oder beides erzielt worden sei. Die Jetztzeit verlange dagegen nach vollkommen anderen Sicht- und Verhaltensweisen.
Nach andauernder Expansion – vergleichbar einem unentwegten Einatmen – stünden wir nun vor einer Phase des Ausatmens, die uns gut tun werde. Erfolgreich sei auch, wer zwar nicht mehr, dafür aber ressourcen- und umweltschonender produziere. Gegenüber früheren Karrieren mit sicheren und unbefristeten Arbeitsverhältnissen fehlt heute oft die Sicherheit. Dafür gebe es jedoch eine früher undenkbare Freiheit. Genauer liege der Wandel in Gestalt eines Handels: Tausche Sicherheit gegen Freiheit. Karriere werde gleichbedeutend mit individueller Entwicklung.
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