Ins Netz gegangen

NetzDie obige Redewendung ist schon sehr verbraucht für eine regelmäßige Sammlung von Fundstücken aus dem Internet. Von bleibender Aktualität dagegen erscheint der Begriff des Netzes selbst, über den sich der Kolumnist Robert Sedlaczek in einer Glosse auf wienerzeitung.at auslässt. Anlass ist die Veröffentlichung des umfangreichen Buches „Die Verbundenheit der Dinge“ von Sebastian Gießmann.

„Die Dissertation trägt den Untertitel „Eine Kulturgeschichte der Netze und Netzwerke“ und besticht durch eine Fülle historischer Details“, schreibt Sedlaczek. Demnach stellten bereits Pharaonen in Ägypten Gefangene in übergroßen Fischernetzen dar. Die Entwicklung materieller Netzwerke schritt voran vom Bau von Straßen und Kanälen, über das Einrichten von Postlinien und den Bau von Eisenbahnlinien bis hin zu Telegraph und Telefon.

Ein wesentlicher Aspekt der Netzwerke dürften auch geheimdienstliche Aktivitäten sein, Spionage, Agententätigkeit, Bespitzelung und geistiger Diebstahl. Dazu wird wird Sebstian Gießmann zitiert:

„Mit den Echtzeit-Netzwerkanalysen der Geheimdienste kehrt der hegemoniale Anspruch der alten Fang- und Haltenetze in neuer Form wieder“, sowie: „Die langfristigen Auswirkungen der Dauerüberwachung vernetzter Kommunikation durch NSA, GCHQ & Co. auf demokratische Grundwerte und Menschenrechte sind noch unabsehbar, obwohl das Schlimmste zu befürchten ist.“

networksRobert Sedlaczek bedauert, dass in dem Buch vor allem nur der Ausbau materieller Netzwerke behandelt werde. Es fehlt offenbar die Geschichte der Sozialen Netzwerke, die mir beim Begriff „Netzwerke“ inzwischen zuerst einfallen. So sehr bestimmen sie bereits das Bewusstsein. Immerhin habe Sebastian Gießmann die wirtschaftlichen Verflechtungen der Schweiz in den 1940-er Jahren behandelt, wie sie der kommunistische Publizist Georges Baehler (aka „Pollux“) darstellte, und das Thema Geheimdienstnetzwerke am Beispiel des Films „Die drei Tage des Condor“.

Der Kolumnist bemüht den Duden, um nachzusehen, was einen „Netzwerker“ ausmache. Die dort beschriebene „Verbundenheit durch gemeinsame Ansichten, Interessen oder Ähnlichem“ spiegelt sich besonders eklatant in den Sozialen Netzwerken wider. Auf Basis der von Facebook und Google nicht veröffentlichten Algorithmen erreichen die Teilnehmer genau diejenigen Postings, die der eigenen Interessenslage entsprechen. Damit suhlen wir uns gewissermaßen im Schlamm der eigenen Anschauung. Insofern wären wir uns selbst ins Netz gegangen, verheddert, Gefangene unserer selbst.

Laterale-Führung-SymbolVom beruflichen Netzwerken, das so oft beschworen und als Schlüssel für erfolgreiches Arbeiten gerade im freiberuflichen Bereich gesehen wird, halte ich persönlich gar nicht so viel, beziehungsweise glaube ich nicht wirklich daran. Natürlich sind wir alle voneinander abhängig, aber ist das Prinzip des Gebens und Nehmens wirklich so stark im Beruf zu spüren? Vermutlich liegt diese Skepsis an mir selbst, der ich möglicherweise nicht ganz dem typischen Netzwerker entspreche.

Und das sogar als in Köln Sesshafter, wo der Begriff des „Klüngels“ gar nicht mal so negativ gesehen wird, wie dies beim Begriff „Vetternwirtschaft“ der Fall ist. „Man kennt sich – man hilft sich!“, wird reklamieren Kölner gerne für sich. Doch das in diesem Zusammenhang von Sedlaczek genannte Prinzip „eine Hand wäscht die andere“ hat in meinen Augen nichts mit Netzwerken zu tun.

Typische Netzwerker sind in meinen Augen gerade diejenigen, die z.B. als Whistleblower und Lobbyisten gezielt Einfluss nehmen, Strippen ziehen und Kontakte als Mittel zum Zweck pflegen. Genau das liegt mir aber nicht. Ich richte mich meist nach Sympathie und versuche auch den Horizont meiner Interessen offen zu halten.

Wie siehst Du das? Hat sich berufliches Netzwerken für Dich bisher ausgezahlt? Und be­trachtest Du Soziale Netzwerke als Möglichkeit zur Erweiterung Deiner Perspektive?

08. Januar 2015 von JoergBenner
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