Nondigitale Transformation der Kultur

haufeIn der Serie „Alles digital“ singt Mike Schnoor auf haufe.de das Loblied auf die Digitale Transformation. Bisher analoge Prozesse und gefestigte Strukturen würden radikal durch die Digitalisierung ersetzt. Gilt das ausnahmslos?

Mike Schnoor nennt zahlreiche Beispiele, wo sich die Digitalisierung bemerkbar macht:

  • Schon ein Smartphone vereint alleine rund 20 einzelne Produkte in einem Endgerät.
  • Selbstfahrende Autos machen in absehbarer Zeit das Taxigeschäft überflüssig.
  • Tragbare Technologien ermöglichen medizinische Echtzeitscans

digital-dreamsWirtschaft, Politik und Gesellschaft müssten sich an den beschleunigenden Veränderungs-Prozessen und Innovationen orientieren und die digitalen Transformation bewusst vorantreiben, leitet der Kolumnist als Forderung ab. Denn in Hinblick auf Vertrieb und Marketing verkürze sich durch die Digitalisierung die Marktdurchdringungszeit. Produkte und Dienstleistungen veralteten rasant, und zwar in allen Wirtschaftsbranchen.

Das lässt sich in der Tat bemängeln: Einer Umfrage der Unternehmensberatung Accenture zufolge haben nur 41 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland eine übergreifende digitale Strategie, 48 Prozent beschränken ihr Engagement dagegen auf einzelne digitale Projekte. Auf welt.de schlussfolgert Wirtschaftsredakteur Stephan Maaß daher, dass Digitalisierung schon deshalb Chefsache sein müsse, weil viele Unternehmen sonst den Anschluss an die Konkurrenz verlieren könnten.

Big Data als Glücks- oder Unheilsbringer?

analogue_digitalDas Informations-Zeitalter lässt sich heute weit eher als ein Zeitalter der Datenanalyse beschreiben. Denn noch deutlich wichtiger als die Verfügbarkeit von relevanten Informationen für die Kunden wird die Verfügbarkeit von Kundendaten. Ein exponentielles Datenwachstum wird durch immer leistungsfähigere Technologien bewältigt. Kennzahlen werden in Echtzeit erhoben und ausgewertet, um durch automatisiertes Marketing Kunden ein personalisiertes Konsumumfeld zu bieten, das dann „persönlich“ genannt wird.

Mike Schnoor hebt in seinem Beitrag auf die sicherlich auch wichtigen Punkte der gesetzlichen Sicherheit, gerade in Hinblick auf den Datenschutz, sowie eine weiterhin unangetastet Netzneutralität, sprich freie Verfügbarkeit des Internets ab. Weiter thematisiert er den Breitbandausbau und zur Förderung von Fachkräften staatliche Bildungseinrichtungen auf Basis Open Educational Resources (OER).

Doch ob das Big Data-Management der Hauptschlüssel zu unternehmerischem Erfolg der Zukunft sein wird, kann bezweifelt werden. Sicherlich haben diejenigen Unternehmen technologischen Vorsprung, deren IT innovativ ins Business integriert ist. Vor allem anderen erfordert eine sinnvolle Auffassung der Digitalisierung aber eine Veränderung der Kultur in Unternehmen wie in der Gesellschaft (vgl. den Gastbeitrag „Das müssen Unternehmen bei der Digital Transformation beachten“ auf computerworld.ch). Über diese Kultur müssten wir uns mehr Gedanken machen, und weniger nur die technologischen Aspekte der IT-Integration beachten. Denn wie schon eingangs festgehalten, wird die Digitale Transformation nicht nur den Teil der Unternehmen und den Teil unseres Lebens beeinflussen, der sich „vor dem Bildschirm“ abspielt.

Die unabsehbare Überwachung unserer selbst

digital_strategySondern diese digitale Transformation vernetzt nach und nach alle möglichen Bereiche unseres Lebens. Das beginnt damit, dass Google die tagsüber mit dem Smartphone geschossenen Fotos abends anbietet gleich online zu stellen. Das geht weiter über „aktive Hilfe“ die Autos bei der Suche nach Tankstellen oder Kühlschränke beim Einkauf von Lebensmitteln bieten. Wir begeben uns freiwillig in eine unabsehbare Überwachung unserer selbst, deren offensichtlichste Spielvariante das „Quantifying Self“ ist. hineinzusteuern.

Vor diesem Hintergrund gewinnen die drei wichtigsten Fähigkeiten, die Wafa Moussavi-Amin in Vorbereitung auf den digitalen Wandel beschreibt, eine ganz andere Bedeutung: 1. Die Einstellung zu Risiken kann nicht nur bedeuten, alle bisherigen Prozesse aufzugeben, sondern auch zu hinterfragen, welche Spätfolgen die Alternativen zeitigen können. 2. Die Fähigkeit zur Innovation heißt auch, gegenüber dem Loblied des Digitalen Skepsis aufzubringen und gelegentlich in ganz andere Richtungen zu denken. Und 3. Der Grad der IT-Business-Integration kann durchaus beinhalten, dass sich IT und Business gegenseitig befruchten. Doch es gibt auch ein Leben neben dem virtuellen. Das ist das echte.

Die Transformation der Kultur ist nondigital. Sie findet im Zwischenmenschlichen statt.

26. Januar 2015 von JoergBenner
Kategorien: Mitarbeiter-Wissen, Soziales Netzwerken, Verantwortung | Schlagwörter: , , , , , , , , , | 1 Kommentar

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