Fairplay im Alltag 14-2016 – Eigenverantwortung

KStA_16-03-29_kein-Thema-für-MioIm deutschen Profi-Fußball gab es jüngst eine interessante Diskussion darüber, ob Spieler den Ball ins Aus schießen dürfen, wenn ein Mitspieler oder Gegenspieler verletzt am Boden liegt. Eigentlich dürfen sie es schon, aber sie tun es beileibe nicht immer. Hintergrund war eine entsprechende Szene im Spiel der TSG Hoffenheim  gegen den 1. FC Köln, wobei ein Kölner Verteidiger liegen blieb und die Hoffenheimer derweil das Ausgleichstor erzielten.

Sehr sympathisch finde ich den Kölner Trainer Peter Stöger, der zitiert wird: „ Ich werde meine Ministranten dazu anweisen, dass sie den Ball nicht mehr rausspielen.“ Mit dem bewusst gewählten Begriff „Ministranten“ charakterisiert er die Spieler einerseits ironisch als Anhänger einer Art Glaubenssystem, andererseits weist er damit bereits auf den Umstand hin, dass oft genug Spieler schauspielern, also nicht ganz ehrlich sind.

Im Frauenfußball wird darüber gelästert, was für Memmen viele Profis doch sind. Sie bleiben oft genug liegen, obwohl ihnen nichts weh tut, also nur um das Spiel zu verzögern, um möglichst für eine Unterbrechung zu sorgen oder um eine gelbe Karte für den Gegenspieler zu provozieren. Der Fußball-Weltverband FIFA hat schon seit Langem die Anweisung heraus gebracht, nach der nicht die Spieler, sondern nur die Schiedsrichter für eine Unterbrechung sorgen sollen.

In einem Beitrag zur Fairplay-Debatte im Profi-Fußball kommt Philip Sagioglou im Kölner Stadt-Anzeiger  zu dem Schluss, dass Fairplay „kein Thema für ein Millionen-Geschäft“ sei. Dabei zitiert er den Vorsitzenden der Schiedsrichter-Kommission im DFB, Herbert Fandel, wonach der Umgang im Fußball respektloser geworden sei.

SOTG_Be-Fair-MindedDas ist für mich kein großes Wunder. Durch die Aufforderung an die Spieler, den Ball nicht ins Aus zu spielen, werden sie noch ein Stück weiter entmündigt udn dazu angehalten keine Rücksicht zu nehmen. Das Gegenteil ist im Teamsport Ultimate Frisbee der Fall. Bei dem laufintensiven Endzonensport (7 gegen 7) gibt es keine externen Schiedsrichter. Die Spieler sind dazu verpflichtet strittige Situationen selbst zu regeln. Ein Ansatz, der regional auch in der Fair-Play-Liga im Fußball verfolgt wird

Der viel beschworene Fairplay-Gedanke wird nur ins Spiel gebracht wenn es sich anbietet, oder als Ausnahme in besonderen Vorzeige-Situationen. Umso schmerzlicher ist sein Vermissen im Alltagsgeschäft zu verzeichnen. Schließlich sind die Fußballprofis Helden der Nation, denen an jedem Wochenende Millionen aktiver und passiver Fans zuschauen. Philip Sagioglou kommt zum Schluss:

„Was nicht im Regelwerk festgelegt ist, funktioniert offenbar nicht.“

SOTG_Communicate-RespectfullyGenau deshalb lohnt der Blick über den Tellerrand in die Regeln des Ultimate Frisbee. Dort ist das Fairplay formalisiert und in die Regeln geschrieben. Das Verhalten und das Verfahren bei strittigen Situationen  sind festgelegt. Es basiert darauf, dass nur die beiden beteiligten Spieler an einer solchen Situation klären: Stimmen wir in der Auffassung des Geschehens überein (Foul oder nicht Foul? In oder aus?)? Wenn nicht, geht die Scheibe zurück zum letzten unbestritten Werfer. Bei Weltmeisterschaften und beim weltgrößten Verband USA Ultimate regeln lediglich Spielbeobachter, dass dieses Verfahren auch innerhalb der dafür vorgesehenen Zeitgrenzen (30 Sekunden) eingehalten wird und sorgen durch Handzeichen für Transparenz für Zuschauer und Mitspieler.

SOTG_Know-The-RulesDas Konzept des „Spirit of the Game“ beim Teamsport Ultimate Frisbee betont fünf Hauptpunkte für ein gelingendes Auskommen auf Basis Eigenverantwortung: Regelkenntnis – Respektvolle Kommunikation – Vermeiden von Körperkontakt – Faire Einstellung – Liebe zum Spiel. Bei Interesse an entsprechenden Vorträgen oder Workshops kontaktieren Sie mich bitte.

13. April 2016 von JoergBenner
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