Fairplay im Alltag 21-2016 – An die eigene Nase fassen

SOTG_Communicate-RespectfullyDer Deutsche Frisbeesport-Verband (DFV) ist der Dachverband aller Landesverbände und Vereine, die verschiedene Frisbeesportarten ausüben. Allen Frisbeesportarten gemeinsam ist ein besonderes Fairplay-Verständnis unter dem Begriff „Spirit of the Game“. Der DFV hat auf dieser Basis ein Selbstverständnis erarbeitet, an dem er sich messen lassen muss.

Da gibt es u.a. turnerisch-tänzerisches Freestylen, Einzelwettbewerbe wie Weitwurf, Zielwurf, selbstgefangene Würfe, Discgolfen über viele Bahnen eines Parcours nur eben mit Scheiben, und den Teamsport Ultimate Frisbee. Vor allem in den Regeln zum Teamsport Ultimate Frisbee ist dieser Ehrenkodex sehr stark ausgearbeitet, mit einigen Unterpunkten dazu, wie das funktionieren kann.

SOTG_Know-The-RulesDer vom IOC dauerhaft anerkannte Weltverband WFDF hat die fünf Säulen des Spirit of the Game (kurz SOTG) sehr schön visualisiert und verdeutlicht damit, worauf es in einem Teamsport ankommt, in dem die Spielenden selbst dafür verantwortlich sind, strittige Situationen zu benennen und zu regeln. Dies sind fünf Säulen, die durch die fünf Banner in diesem Beitrag dargestellt werden: Regelkenntnis, Fouls vermeiden, respektvolle Kommunikation, eine faire Grundhaltung und Spaß am eigenen Tun.

Diese Verfahrensweise ist sehr gut übertragbar auf neue Formen der Mitarbeitenden-Führung, wie sich Angestellte miteinander verständigen (und in ihren Projekten fortfahren) können, ohne zwingend immer erst einen Chef einzubinden. Das lässt sich als laterale Kommunikation bezeichnen, oder als Kommunikation auf Augenhöhe. Damit das funktioniert, ist es erforderlich a) selbst den Mund aufzumachen, wenn etwas nicht so läuft wie vorgesehen, und b) respektvoll miteinander umzugehen.

SOTG_Avoid-Body-ContactDas Prinzip der Lateralität setzt voraus, dass ich wahrnehme, wer sich mit mir im Raum befindet. Die „Raumwahrnehmung“ hat im Sportspiel zwar eine etwas andere Bedeutung. Doch auch im beruflichen Alltag geht es darum, Fouls zu vermeiden, sowohl verbaler als auch körperlich einschüchternder Natur.

Als Voraussetzung dafür kann wiederum eine faire Grundhaltung angesehen werden, im Sinne des bekannten Zitats des Fairplay-Komitees der UNESCO: „Fair verhält sich die- und derjenige, die und der vom anderen her denkt“. Vom anderen her zu denken heißt zu akzeptieren, dass es nicht nur meinen Willen gibt auf dieser Welt (eine erstmals im frühkindlichen Alter gemachte Erfahrung), und dass es nicht nur meine Wahrnehmung einer Situation gibt.

SOTG_Be-Fair-MindedEin interessanter Aspekt im Fairplay-Konzept des Teamsportes Ultimate ist, dass es nicht darum geht, „die Wahrheit“ herauszufinden. Das heißt, es findet keine verkürzte Gerichtsverhandlung statt, um eine strittige Situation zu bewerten und Schuldige zu suchen. Sondern es geht darum, unter der Prämisse der fairen Einstellung eine Möglichkeit zu finden, die Streitigkeit aufzulösen und gemeinsam seine Tätigkeit fortzusetzen.

In den Ultimate-Regeln steht auch: Wir gehen nicht davon aus, dass jemand willentlich die Regeln bricht. Sondern wir setzen voraus, dass alle, die dieses Spiel spielen, damit auch diesen (so bezeichneten) Ehrenkodex für sich annehmen. Ziel ist, die Spielsituation wieder herzustellen, „als hätte es die Regelverletzung nicht gegeben“. Natürlich erfordert es Übung, die Absichten der anderen zu verstehen und zu berücksichtigen. Doch dafür gibt es mehrere Methoden und Werkzeuge, um dies einzuüben.

SOTG_Enjoy-PlayingEin tolles Ergebnis ist auch, dass eine Kommunikation auf dieser Weise allen Beteiligten letztlich mehr Spaß macht. Wir müsssen nicht mit „Druck von oben“ arbeiten, um unseren Willen durchzusetzen, sondern wir verhandeln miteinander auf Augenhöhe, wie wir miteinander weiterkommen. Wie gesagt ist eine wichtige Voraussetzung dafür, selber den Mund aufzumachen: „Deine Stimme zählt“ hatte selten mehr Bedeutung als hier.

Doch auch innerhalb des Deutschen Frisbeesport-Verbandes ist der Umgang miteinander auf Augenhöhe nicht immer eine Selbstverständlichkeit. Auch hier herrschen unterschiedliche Interessen, unterschiedliche Ansichten und Wahrnehmungen. Der Verband DFV muss sich mit allen seiner mehr als einhundert ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an die eigene Nase fassen. Die Eigenverantwortung, die wir aus dem Sport ableiten, gilt auch neben dem Platz.

Selten hat auch im Sinne von Corporate Communications der Begriff einer „Corporate Behaviour“-Vorgabe besser gepasst. Doch damit das Selbstverständnis des DFV mit Leben gefüllt wird, ist die dauernde Anstrengung aller Beteiligten nötig.

30. Mai 2016 von JoergBenner
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