Fairplay im Alltag 48-2016 – Ergebenheitsfloskeln

zeit-online-logoIm November 2016 hat Heike-Melba Fendel auf www.zeit.de von der „verbalen Überzuckerung“ geschrieben, die sich unter uns breit macht. In einem launigen Text, mit Beobachtungen „aus der Mitte der Gesellschaft“, schreibt sie von unehrlichem „Guten-Tag-Gewünsche“ und davon, „dass „Sehr gern!“ das neue „Du mich auch“ ist“. Die Frage ist aus meiner Sicht, mit welcher Haltung wir anderen gegenüber auftreten, und ob wir meinen, was wir sagen.

Sie bemängelt, dass das Wissen über aufgesetztes verbales Verhalten „nicht zur Überprüfung des eigenen Sprachgebrauchs“ führt:

„Im Gegenteil: Die Ausweitung der Floskelzone und damit der Unterwerfungskultur, deren Ausdruck sie ist, scheint unaufhaltbar zu sein.“

Dies ist sicherlich nur eine Momentaufnahme, wenn  die jedoch durchaus berechtigt erscheint. Sicherlich würden „erschöpfte Call-Center-Kräfte bei patzigen Anrufern jederzeit auflegen“ wenn es keine Mitschnitte gäbe. Allerdings ist auch hier die Frage, wie gut diese „Berufsredner“ auf ihren Job vorbereitet sind.

unterwerfungsformelDie Autorin geht zur Erläuterung in der Zeit zurück, streift „die antiautoritären Umbrüche der sechziger und siebziger Jahre“, die „schlechte Laune und ebensolche Manieren nicht nur salonfähig, sondern auch geschäftsfähig gemacht“ hätten. In der Folge, entwickelte sich kurz gefasst die „Servicewüste Deutschland“, nach dem Motto „für gute Laune werd‘ ich nicht bezahlt“. Heute hätten „Call-Centerisierung und Ich-AGisierung“ sowie das „expandierende Internet der Gefühle“ dieser „Rotzigkeit den Garaus bereitet“.

Was aber heißt Call-Centerisierung? Dass Menschen in fremder Sache fremde Menschen anrufen und versuchen annähernd unbekannte Produkte zu verkaufen, für die sie lediglich eine schlechte Argumentationsvorlage haben? Oder kann es positiv betrachtet auch heißen, in vielerlei Rolle tätig zu werden, mit wechselnden Auftraggebern, indem ich mir eine mehr oder sinnvolle Argumentation zueigen mache? Und was heißt Ich-AGisierung? Bedeutet das nicht, dass viele Menschen (gezwungener Maßen oder auch aus Überzeugung) die Möglichkeit ergreifen eigenverantwortlich zu handeln?

Mit einem Seitenblick auf möglicherweise übertrieben freundliches, andererseits aber eher gelangweiltes Personal in kleinen Fachgeschäften behauptet die Autorin:

„Wer Geld einnehmen will, muss kein gutes Produkt bereitstellen, sondern gute Gefühle vermitteln. Allen voran Liebe und Dankbarkeit.“

Dabei zieht sie in Frage, dass allzu häufig „das Glück des Dürfens“ beschworen werde und der Hashtag „lovemyjob“ inflationär eingesetzt würde:

„Die PR-Gesellschaft hat ihre Kinder gefressen und als Ergebenheitsfloskel-Absonderer wieder ausgespuckt.“

Ich stimme dem sehr spannenden Essay zur Unterwerfungsformel in weiten Teilen zu, so wenn Heike-Melba Fendel am Ende schreibt:

„Das Primat des Gefühls auf das gute Gefühl beschränken zu wollen, erweist sich als ebenso fatal wie die Umwidmung von Sprache in Floskel.“

SOTG_Communicate-RespectfullyDoch genau dagegen gilt es aus meiner Sicht anzugehen, im Sinne einer Konfliktfähigkeit mit strittigen Situationen umzugehen, respektvoll aber sachlich bestimmt miteinander zu sprechen und weiter miteinander auszukommen. Auch Dankbarkeit halte ich in ehrlichem Maße für ein überaus angemessenes Gefühl, das zudem zur inneren Ausgeglichenheit und zum persönolichen Glücksempfinden beitragen kann.

Dazu biete ich Workshops, Seminare und Vorträge an, die sich an den Verfahrensweisen und Regulierungen des Teamsports Ultimate Frisbee gemäß dem so genannten „Spirit of the Game“ orientieren. Diese erste Regel legt fünf Bereiche fest, die zum gelingenden Auskommen miteinander gefordert werden: Regelkenntnis – Respektvolle Kommunikation – Vermeiden von Körperkontakt (Verzicht auf Gewalt) – eine faire Einstellung – und die Freude am Spiel, die über einem „unbedingten“ Siegeswillen stehen soll.

Bei Interesse an entsprechenden Vorträgen oder Workshops kontaktieren Sie mich bitte – noch Ende des 18. Jahrhunderts hätte man gesagt, „ganz Ihr ergebenster Diener“.

04. Dezember 2016 von JoergBenner
Kategorien: Mitarbeiter-Wissen, Verantwortung | Schlagwörter: , , , , , , , , , | Schreibe einen Kommentar

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