Neue Medien beleben die Sprache

Internet-AbkürzungenSprache ist so lebendig wie ihre Nutzer. Entsprechend unterliegt sie Änderungen im Sprachgebrauch, sei dies mündlicher oder schriftlicher Natur. Rechtschreib-Reformen sind da nur ein bürokratischer Ausdruck eines lebendigen Wandels, der ihnen vorausgeht. Ein Artikel auf zeit.de behandelt aktuell Veränderungen, die sich durch E-Mail-, Instant Messaging-, Mikroblogging- und SMS-Kommunikation vollziehen.

Von einem Sprachverfall kann jüngsten Forschungen zufolge, auf die sich Autorin Astrid Herbold bezieht, nicht die Rede sein. Eingangs skizziert sie das derzeitige Ausmaß der digitalen Kommunikationskultur: Facebook hat erst jüngst die Marke von einer Milliarden Nutzer weltweit geknackt, immerhin 100 Millionen Menschen sind bei Twitter angemeldet, über WhatsApp werden stündlich 41 Millionen Mitteilungen verschickt. Nach 20 Jahren Existenz verzeichnet sogar die SMS noch satte Steigerungsraten: 2012 haben nur deutsche Nutzer 55 Milliarden „Simse“ verschickt, das bedeutet plus 30 Prozent gegenüber 2011.

Die stets komprimierten Mitteilungen zeichnen sich durch einige Besonderheiten aus: Sätze und Wörter werden abgekürzt, verlautschriftlicht und durch zahlreiche Symbole (Emoticons, die es sogar seit 30 Jahren gibt) und Standard-Formeln ergänzt. Doch obwohl die Internetkommunikation seit Ende der 1990er Jahre untersucht wird, wurde bislang nie ein Beleg für Degeneration festgestellt: „Smileys und Konsorten führen längst ein ästhetisches Eigenleben“, lautet das Resümee der Autorin.

emoticonsBei diesen Entwicklungen spielen Zeit- und Raumbegrenzung nicht die einzige Rolle, denn oft würden Satzzeichen oder Buchstaben häufig wiederholt, – manchmal erinnern quergelegte Symbolfolgen an konkrete Poesie. Grundsätzlich  handle es sich aber um eine Art der Unterhaltung, die oft auch unterhaltsam sein solle und die Kreativität ansporne. Astrid Herbold zitiert den Linuisten Georg Albert von der Universität Landau: „Ihre jeweiligen Konventionen handeln die verschiedenen sozialen Gruppen permanent neu aus.“

Beate Henn-Memmesheimer, Linguistikprofessorin an der Universität Mannheim erwägt sogar, den mühelosen Wechsel zwischen Schreibstilen als gestiegene Schriftkompetenz zu bezeichnen. Aktuell gehe der Trend unter Jugendlichen jedoch wieder zu einer größeren Standardnähe, bedingt durch den Wunsch nach vorteilhafter Selbstdarstellung im Netz (nicht nur, aber auch in online Partnerbörsen). Wenngleich manche Begriffe der Internetsprache ihren Weg in den Duden finden, bezweifelt die Linguistin jedoch, dass das Internet die deutsche Standardsprache langfristig verändert. Dafür sorgt vermutlich erst – in Reaktion auf die Praxis – die nächste Rechtschreibreform.

16. Januar 2013 von JoergBenner
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