Fairplay im Alltag 12-2016 – Normen und Werte

KStA_16-03-05_Wertungen-privatIm Zusammenhang mit dem IS-Terror und verblendeten Gläubigen ist immer wieder von der Verteidigung westlicher Werte die Rede. Gemeint sind zum Teil christliche Werte, zum Teil demokratische Werte. Anfang des Monats hat der Philosoph Herbert Schnädelbach in einem Interview im Kölner Stadt-Anzeiger den Unterschied zwischen Werten und Normen thematisiert.

Er stellt eingangs in Frage, dass Deutschland eine Wertegemeinschaft sei. Vielmehr stellt er klar:

„Unser Grundgesetz ist eine normative Ordnung, und bei Normen geht es um das, was geboten, erlaubt oder verboten ist, das aber ist bei Werten nicht der Fall.“

Werte schrieben uns nichts vor, fährt er fort, sie seien als Sache von Einzelnen oder von Gruppen immer umstritten. Daher sei es „nicht ungefährlich, unsere freie Gesellschaft als Wertegemeinschaft zu verstehen“.

Rechtsnormen hingegen ließen keine Beliebigkeiten zu. Dem Grundgesetz seien die Deutschen seit Inkrafttreten 1949 zum Gehorsam verpflichtet. Dies ist vielleicht der wichtigste Unterschied zwischen einer säkularen zu einer nicht kirchenunabhängigen Gesellschaft:

„Wertewandel und Wertepluralismus sind Kennzeichen der offenen Gesellschaft, in der wir leben. Wichtig ist nur, dass beides durch eine Rechtsordnung begrenzt wird.“

BRD-GrundgesetzSehr spannend finde ich dien klaren Gedanken, dass wir durch Wertschätzungen keine Verbindlichkeiten herstellen können, sondern durch die normativ formulierte Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen. Darin wird verbindlich festgehalten, was geboten und was verboten ist. Wie eine Gesellschaft ihre Wertvorstellungen und Werthierarchien lebt, bringt dann zum Ausdruck, inwieweit zwischen den vereinbarten Normen und den vorherrschenden Werten eine Spannung besteht.

Zuletzt wird der Herkunft des Begriffs „Wert“ aus der Ökonomie gestreift. Darin liege die eigentliche Gefahr, so Herbert Schnädelbach, dass bei einem stets möglichen Auf- oder Abwerten jeder seinen eigenen Wertmaßstab anlegen könne. Gemäß Kant gelte: „Was einen Wert hat, das hat auch einen Preis“. Die Menschenwürde hingegen habe keinen Preis, hier gebe es keine Abstufungen oder Einschränkungen. Stattdessen könne es sinnvoller sein, von Gütern zu sprechen, die wir verteidigen, anstelle von Werten:

„Ist der Frieden uns wichtiger als der ökonomische Erfolg? Oder umgekehrt? Auch die soziale Gerechtigkeit ist ein Gut, das wir anstreben, aber häufig in einer anderen Rangfolge verglichen mit anderen Gütern, wie etwa dem Profit.“

Sich der Spannungen bewusst zu werden, was einerseits die normativen Vorgaben unserer Gesellschaft verlangen und was andererseits die propagierten Werte meiner persönlichen Bezugsgruppen fordern, ist ein erster wichtiger Schritt dazu, mich sinnvoll in einer Gesellschaft zu bewegen und mich für das Einhalten von Normen (auch gegen veränderbare Werte) einzusetzen. Dies wird sinnvoll geübt in einem Sportspiel, das keine Schiedsrichter für das Auflösen strittiger Situationen vorsieht außer den beteiligten Spielerinnen und Spielern selbst.

SOTG_Know-The-RulesDas Fairplay-Konzept im Teamsport Ultimate Frisbee unter dem Begriff „Spirit of the Game“ verlangt von den Ausübenden ab, die Regeln zu kennen, respektvoll miteinander zu  kommunizieren,  Körperkontakt zu vermeiden,  gerade in Konfliktsituationen fair eingestellt zu sein und – last but not least – das Spiel mit all seinen Auseinandersetzungen zu genießen.

29. März 2016 von JoergBenner
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