Mit Mixed-Leadership zu Vielfalt gelangen
Die Führungsebene in deutschen Unternehmen ist immer noch sehr einseitig von Männern dominiert. Darauf hat jüngst News Aktuell mit einem Interview mit Wiebke Andersen von der AllBright Stiftung aufmerksam gemacht. Deutschland wird hier in Hinblick auf Frauen in Top-Positionen als Entwicklungsland bezeichnet.
In den 30 Dax-Unternehmen sind im Durchschnitt 14,7 Prozent Frauen im Vorstand, in damit liegt Deutschland in Europa nur vor Polen auf dem vorletzten Platz. den Zum Vergleich: Schweden und Großbritannien liegen bei einem Frauenanteil von mehr als 22 Prozent, Frankreich bei knapp 20 Prozent. In den USA ist der Anteil mit 27,8 Prozent fast doppelt so hoch wie in Deutschland. In den mittelgroßen und kleineren deutschen Börsenunternehmen sieht es dagegen noch weit schlechter aus, von weiteren Unternehmensformen einmal ganz zu schweigen.
Die fehlende Bereitschaft der Unternehmen, Frauen in die Vorstände zu berufen, können für Deutschland zu einem erheblichen Wettbewerbs- und Standortnachteil werden, heißt es weiter. Bei der Frage, was dem startegischen Zukunftsziel dies zu ändern entgegensteht, führt Wiebke Andersen mehrere Gründe auf:
- in Schweden arbeitet fast keine Frau in geringer Teilzeit
- es ist gesellschaftlicher und unternehmerischer Konsens, dass gutausgebildete Väter sechs Monate Elternzeit nehmen
- Schweden hat schon 1971 das Ehegattensplitting abgeschafft, gleichzeitig Kitas ausgebaut und systematisch Frauen in Führungspositionen im öffentlichen Dienst befördert
- Rückständigkeit in Good Governance: Unternehmen fehlt häufig eine offene Unternehmenskultur mit Transparenz, Partizipation und Weiterentwicklung; dies ist aber eine wesentliche Voraussetzung für Vielfalt.
Den Thomas-Kreislauf durchbrechen
Wiebke Andersen verdeutlicht, dass Diversity nicht als Frauenfrage zu verstehen sei. Solange ein wie in Schweden gängiges Modell nicht besteht, sammeln Männer grundsätzlich Berufserfahrungen und bauen Netzwerke auf auf Kosten der Frauen! Sie nennt auch mehrere Beispiele, wie dies in die Praxis umzusetzen wäre, unter anderem durch das Vermeiden von Meetings nach 16:00 Uhr, oder das Aufstocken des Elterngeldes bis zum vollen Gehalt für ein halbes Jahr.
Als entscheidend bezeichnet sie jedoch den „unconscious bias“, etwa die Irrung des Unbewussten. Deutsche Topmanager meist Wirtschaftswissenschaftler oder Ingenieur, Mitte fünfzig und heißen Thomas oder Michael. Daher sind viele auch instinktiv davon überzeugt, dass eine solche Person auch für sie nachrücken müssen. Entsprechend holten sie sich ständig Kopien von sich selbst in die Vorstände. Diesen „Thomas-Kreislauf“, wie sie es nennt, gelte es zu durchbrechen.
In einem früheren Interview von News Aktuell mit Astrid Szebel-Habig, Professorin an der Hochschule Aschaffenburg, wird dafür auch das Stichwort des Mixed Leadership genannt. Viele Studien wiesen nach, dass ein Frauenanteil von mindestens 30 Prozent zu einer höheren Leistung im Team als Ganzes führen kann. 30 Prozent sei „eine magische Zahl, die zur Folge hat, dass die Person unabhängig vom Geschlecht gesehen wird“. Sie geht davon aus, dass beide Geschlechter über komplementäre Eigenschaften und Verhaltensweisen verfügen, die zu einer Win-Win-Situation optimiert werden können.