Agiles Management erfordert Wertesystem

Laterale-Führung-SymbolDie Konsequenzen des postindustriellen Zeitalters sind in der Arbeitswelt noch nicht umfassend gezogen worden. Wir befinden uns bereits in einer Gesellschaft, in der Informationen wichtiger sind als Rohstoffe. Doch viele klassische Unternehmen sind noch lange nicht in der Informationsgesellschaft angekommen, obwohl sich immer mehr auch mit dem Thema Agilität auseinander setzen.

phpmagazin-LogoDies thematisiert André Neubauer von der E-POST der Deutschen Post in einem Beitrag auf phpmagazin.de: Globalisierung, Digitalisierung und der zunehmende Wunsch nach Individualisierung fordern auch gestandene Unternehmen heraus, schneller auf Veränderungen zu reagieren. Dabei verweist er auf die Werke von Alain Touraine und Daniel Bell „La société post-industrielle“ und „The Coming of Post-Industrial Society“ von 1969 und 1972.

Das Innovatorische Dilemma und Innosaurier

Die Informationsgesellschaft müsse stärker von einer wissens- und kreativitätsbasierten Arbeit leben, hieß es schon damals. Auch der weitere Übergang von einer produzierenden Wirtschaft zu einer Dienstleistungswirtschaft stehe uns noch bevor. Währenddessen tummeln sich immer mehr Anbieter auf denselben Märkten. In immer mehr Branchen ist die Konkurrenz nur einen Klick entfernt. Gleichzeitig steigen auf Kundenseite die Vielfalt der Bedürfnisse und der Wunsch nach Individualisierung.

Innovators-Dilemma-CoverDas Beharren auf bestehenden Geschäftsmodellen dürfte für früher marktbeherrschende Unternehmen angesichts der sich schnell verändernden Märkte zum Untergang führen. Er nennt dieses Phänomen unter Berufung auf Wirtschaftswissenschaftler Prof. Clayton Christensen „Innovator’s Dilemma“. Dabei entstünden „Innosaurier“, die innerhalb ihres Geschäftsmodells zwar sehr innovativ sind, aber marktverändernde Innovationen verschlafen.

Erfolgreiche Unternehmen des Informationszeitalters dagegen hätten Innovation und Kundenorientierung in ihren Werten verankert. Dabei nennt André Neubauer unter Bezug auf die Studie „Corporate Creativity“ Amazon, das langfristige Ausrichtung durch Investitionen in Innovationen bevorzugt gegenüber dem Blick auf die nächsten Quartalszahlen. Ein weiteres gutes Beispiel für ihn ist der indische Konzern Tata, der Risikobereitschaft mit einem „Dare to try“-Preis würdigt. Bereits der Versuch, etwas Neues gewagt zu wagen, zählt.

Agilität ist mehr als ein Prozess

Auch Agilität basiere auf Werten, wobei der darauf aufbauende Prozess nur Mittel zum Zweck sei. Er warnt davor, Agilität auf die Prozesse der IT-Entwicklung zu reduzieren:

„Nicht selten ist die bittere Wahrheit, dass viele Ideen lange herumliegen und schon alt sind, bevor sie umgesetzt werden. Die Organisation ist nicht darauf ausgelegt, schnell Ideen am Markt auszuprobieren. Die agile IT ist nur eine lokale Optimierung im Gesamtprozess. Eine flexible Organisation ist aber wichtig, will man mit den schnellen Innovationszyklen am Markt mithalten.“

Stattdessen müsse das Management ein Innovationen begünstigendes Umfeld schaffen. Er beruft sich auf eine Definition, wonach „Agilität die Fähigkeit einer Organisation“ bezeichnet „flexibel, aktiv, anpassungsfähig und mit Initiative in Zeiten des Wandels und Unsicherheit zu agieren.“ Diese Initiative ist jedoch falsch verstanden, wenn sie sich auf die deutlich effizientere IT beschränkt. Eine ganzheitliche Betrachtung muss bei der Einführung agiler Methoden nicht nur die Produktentwicklung betrachten, sondern vor allem auch die strukturellen Voraussetzungen.

„Eine ganzheitliche Betrachtung bedeutet, dass neben der Einführung agiler Praktiken besonderes Augenmerk auf das sich verändernde Wertesystem der Organisation, die neuen Schwerpunkte bei den Führungskompetenzen im Management und mögliche und nötige strukturelle Anpassungen gelegt werden muss. Die Einbeziehung der gesamten Organisation und die Berücksichtigung kultureller, struktureller und prozessualer Aspekte ist wichtig, will man das gesamte Potenzial von Agilität heben.“

Eine Kultur der Zusammenarbeit begründen

Laterale-Führung-SymbolDabei rekurriert er auf die ursprünglichen „Agilen Prinzipien“ des agilen Manifests, die eine Kultur der Zusammenarbeit definieren. Ein Innovationsklima zu schaffen, ist dabei nur ein kultureller Aspekte, der viel wichtigere ist jedoch eine konsequente Ausrichtung des gesamten Unternehmens. Dies bedeutet einen Kulturwandel als Voraussetzung für Innovationskraft und Flexibilität. Zurecht merkt André Neubauer dabei an,

„dass es sich dabei im Vergleich zur Einführung agiler Methoden um ein deutlich größeres Change-Vorhaben mit den altbekannten Phasen, Ängsten und Widerständen handelt.“

Der Wertewandel klassischer Unternehmen ist vor dem Hintergrund der veränderten Marktbedingungen enorm. Dies beginnt mit dem Paradigmenwechsel von Fehlervermeidung (bisher) zu Risikobereitschaft (neu). Selbstverständlich liegt es an den Führungskräften die Innovationsbereitschaft und Kundenorientierung vorzuleben. Allerdings muss sich das Selbstverständnis des Managements ändern, um eine zunehmende Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Mitarbeiter zuzulassen.

Change-KompassAgile Manager zeichnet dem Beitrag zufolge „Soft Skills“ wie „Empathie, Demut und eine klare Vision“ aus, hinzu kommen Anforderungen wie wertschätzende Kommunikation, die tatsächliche Förderung einer Fehlerkultur, permanenter Lernwille, Kritikfähigkeit und das Vorleben der agilen Werte. Die Vorbildfunktion besteht auch darin, die fachliche Überlegenheit der eigenen Mitarbeiter anzuerkennen und dabei immer eine klare Zukunftsvision zu verfolgen.

Eine Gefahr besteht in der gefühlten Degradierung des Managements und im erforderlichen Umlernprozess der Führungskräfte, der aktiv begleitet werden muss. Wie in jedem Change-Prozess sind Transparenz und Ehrlichkeit sowie eine überzeugende Einbeziehung aller Mitarbeiter zielführend. Als externer Berater kann ich meine Hilfe anbieten, wenn es darum geht, eine kulturelle Identität im gemeinsamen Prozess zu definieren und die Bedingungen zu schaffen, diese gelebte Kultur als Fundament einer Neuausrichtung umzusetzen.

18. September 2014 von JoergBenner
Kategorien: Mitarbeiter-Wissen, Verantwortung | Schreibe einen Kommentar

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