Moralität ist wechselseitig

KStA_2014-09-12_Gutes-als-Reflex-TitelDer Kölner Sozialpsychologe Wilhelm Hofmann ist der Interdependenz von moralischem Verhalten auf der Spur. Dazu hat er mit 1.200 Versuchsteilnehmern in den USA eine feldpsychologische Studie durchgeführt. Als vermutlich wichtigstes Ergebnis konnte er einen „moralischen Ansteckungseffekt“ feststellen. Darüber berichten idw-online.de und der Kölner Stadt-Anzeiger unter Berufung auf das Wissenschaftsmagazin Science.

Persönlich klingt mir der Begriff einer „ansteckenden Moral“ zu sehr nach einer Krankheit – wobei wir auch wissen, dass Humor ansteckend ist, ohne dass dies zwingend einen rationalen Akt voraussetzt. Doch zunächst einen Schritt zurück: Der Ansatz des Psychologen Hofmann war zunächst herauszufinden, wie häufig moralische Taten im täglichen Leben sind, um daraufhin zu untersuchen, welche Rolle politische Einstellung, Religiösität und das soziale Umfeld dabei spielen.

Der Zugang mit einer Feldstudie war neu: Die erwachsenen Teilnehmer erhielten drei Tage lang je fünf SMS mit der Bitte in einem Onlinefragebogen anzugeben, welche moralischen oder unmoralischen Handlungen oder Erfahrungen sie in der vergangenen Stunde hatten. 13.000 Antworten wurden gesammelt, rund 30 Prozent von ihnen (also knapp 4.000) bewerteten die Forscher als moralisch relevant. Die häufigsten Fälle betrafen Sorge für andere (laut Heidegger der Sinn des „In-der-Welt-Seins“), gefolgt von Fragen der Gerechtigkeit, der Aufrichtigkeit, der Loyalität und des Anstands. Insgesamt benötigten die Forscher nur acht Kategorien zur Einteilung aller relevanten Angaben.

KStA_2014-09-12_Gutes-als-Reflex_ZitatNoch spannender: Weder die politische Einstellung noch die religiöse Erziehung hatten einen starken Einfluss auf die Betonung moralischer Inhalte. Dies steht im Widerspruch zur amerikanischen Moralforschung, in der die Überzeugung vorherrscht, dass Menschen mit unterschiedlichen politischen Überzeugungen mit andersartige moralischen „Brillen“ trügen. Natürlich steht das auch im Widerspruch zu Religionswächtern, die aus dem Anspruch göttliche Lehren zu verbreiten, eine übergeordnete moralische Instanz ableiten.

Demgegenüber fanden Wilhelm Hofmann und seine Kollegen heraus, dass moralisches Verhalten durchaus davon abhängt, zuvor selbst moralische Ereignisse erlebt zu haben. Sie sprechen von einem moralischen Ansteckungseffekt – fast wie ein körperlicher Reflex – nach dem Motto „Gutes tut, wem Gutes widerfährt“. Demnach macht die Erfahrung, moralisch behandelt zu werden, glücklich. Eigene moralische Handlungen hingegen werden als sinnstiftend empfunden.

Etwas anders liest sich eine Kurzversion des Beitrags in Science online: „Religious or not: we all misbehave“, neutraler klingt die Zusammenfassung des kostenpflichtigen Originaltextes. Allerdings ist festzuhalten, dass die Erfahrung moralischer Handlungen selber zu solchen anregt. Kritiker werden monieren, dass es sich umgekehrt ebenso verhält. Dennoch lässt dies den Schluss zu, dass wer „eine bessere Welt“ anstrebt, aus gutem Grund (wie es so schön heißt) mit gutem Beispiel vorangehen sollte. Die Einübung sozialdienlichen Verhaltens könnte also dazu führen, dass dieses Verhalten sich vermehrt.

Laterale-Führung-SymbolDas bestätigt mich in meinem Ansatz für Management-Seminare, wo es ebenfalls darum geht, dass Führungskräfte ein gewünschtes Verhalten der Unternehmenskultur oder auch der Arbeitssicherheit vorbildlich ausführen. Gleichzeitig erhärtet dies auch meinen Zugang zu dem Thema über den Teamsport Ultimate Frisbee, wo wechselseitige Gleichbehandlung Voraussetzung einer regelgerechten Durchführung von Partien ist.

Durch historische Umstände hat sich in diesem Sport nämlich etabliert, ohne externe Schiedsrichter auszukommen und stattdessen auf die Eigenverantwortung der Mitspieler zu setzen. Hier kommt die rationale Ebene noch hinzu: Regelkenntnis ist notwendig, um strittige Situationen eigenverantwortlich auf Augenhöhe auszuhandeln. Doch die Erfahrung von Aufrichtigkeit, Anstand und Fairplay begünstigen die Weiterverbreitung.

Bei Interesse an entsprechenden Management-Seminaren oder Kursen zur Einführung in den Frisbeesport mit seinem Fairplaykonzept kontaktieren Sie mich bitte.

12. September 2014 von JoergBenner
Kategorien: Mitarbeiter-Wissen, Verantwortung | Schlagwörter: , , , , , , , , , , | Schreibe einen Kommentar

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