Zuhören und Mitfühlen

DeutschePostDHLAnfang des Jahres traf sich die Landesgruppe Nordrhein-Westfalen der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) im Bonner Posttower, um einen hoch spannenden Vortrag von Christof Ehrhart zu hören, Head of Corporate Communications and Responsibility bei der Deutschen Post DHL. Dem Umbruch in der Unternehmenskommunikation möchte er mit einer „Corporate Empathy“ begegnen.

Der Kommunikationsmanager und Honorarprofessor am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft an der Universität Leipzig schlug in knapp einer halben Stunde den Bogen von früherer Öffentlichkeitsarbeit zu heutigen Anforderungen, unter denen er die Entwicklung einer „Corporate Empathy” für zentral hält. Darüber berichtet Thomas Dillmann auf pr-journal.de.

PR-Journal-LogoMit der zunehmenden Bedeutung des Internets funktioniere das alte Sender-Empfänger-Modell nicht mehr, auch der Redaktionsschluss sei außer Kraft gesetzt. Stattdessen sei das Unternehmensumfeld in immer kleinere Zielgruppen zersplittert, für die die frühere Forderung einer „One Voice Policy“ heute nicht mehr aufgehe. Um die ganzes Bandbreite an Zielgruppen bedienen zu können, schlug er stattdessen die Vorgabe einer „One Message – many Voices-Policy“ vor.

Auch andere alt hergebrachte Prinzipien der Kommunikationsarbeit modifizierte Christof Ehrhart oder stellte sie in Frage. Anstelle eines „Think global, act local“ sieht er die Forderung „Think global, act global“, da es nur noch eine weltweite Öffentlichkeit gebe (Anmerkung: dennoch agieren wir vor Ort mit besonderer Auswirkung auf die unmittelbare Umgebung). Bisheriges „Agenda Setting“ hält er für überholt, da ein gesellschaftlicher Diskurs heute nicht mehr bestimmbar sei. Stattdessen sei ein „Agenda Alignment“ erforderlich, innerhalb dessen Bedürfnis- und Einschätzungslagen erkannt und mit den Unternehmensinteressen abgeglichen werden müssten.

ListeningUm die zunehmenden kritischen Fragen zu Sinnstiftung, Vertrauen, Nachhaltigkeit und Relevanz zu beantworten, empfiehlt Christof Ehrhart eine „Architecture of Listening“ in Hinblick auf das „unternehmerische Mitgefühl“ („corporate empathy“). Das soll bedeuten, viele verschiedene Gemeinschaften aufzubauen und zu pflegen, um in kontinuierlichem Austausch eine Einbeziehung und das Feedback der vielen, auch noch so kleinen Anspruchsgruppen zu erhalten. Christof Ehrhart wird zitiert:

„Wir müssen nicht nur der Welt das Unternehmen erklären, sondern wir müssen auch dem Unternehmen die Welt deuten. Dazu gehört, dass wir anstatt getroffene Entscheidungen zu erläutern, dazu beitragen müssen, nachhaltige Entscheidungen überhaupt erst zu ermöglichen.“

Um dies zu erreichen, gab der Vortragende vier praktische Tipps:

  1. Die Aufgabe des Anspruchs einer vollständigen Kontrolle: „Wer im Sattel bleiben wolle, müsse wie ein Rodeo-Reiter eine flexible Haltung einnehmen. Dazu gehöre auch, teilweise loslassen zu müssen.“
  2. Den Aufbau einer Dialogfähigkeit, um dennoch eine möglichst große Kontrolle über die wesentlichen Kommunikationsergebnisse zu bewahren.
  3. Weiterhin, um nicht überrollt zu werden, das Agieren im permanenten Krisenmodus, dauerhaft mit den Instrumenten, die für Krisen gedacht waren.
  4. Schließlich den Wandel des Selbstverständisses vom besserwisserischen Kommunikator zum unternehmerisch mitdenkenden Beraters.

Vielen der genannten Punkte kann ich einiges abgewinnen. Der Widerspruch zwischen den Punkten eins und zwei jedoch ist offensichtlich. Zudem halte ich das Umschalten auf Dauer-Krisenmodus für die falsche Alternative. Experimentieren in Transparenz erscheint angemessen, das heißt: Neue Wege der Zielgruppenansprache suchen und dies auch offen mitteilen.

Dabei spielt Punkt vier eine zentrale Rolle: Es geht, wie ich nicht müde werde zu wiederholen, um den Aufbau einer Unternehmenskultur, die ich gerne auch als „Corporate Spirit” bezeichne. Gegenüber allgemeinen Exzellenz-Richtlinien spielen darin kleine Dos und Dont’s eine entscheidende Rolle und spiegeln die gemeinschaftliche Haltung wider.

11. Februar 2015 von JoergBenner
Kategorien: Mitarbeiter-Wissen, Öffentlichkeitsarbeit, Verantwortung | Schlagwörter: , , , , , , , , , | Schreibe einen Kommentar

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