Fairplay im Alltag 28-2016 – Sich an seinen Worten messen lassen

KStA_Wirtsch-Wechselgesetz_12-07-16Die deutsche Bundespolitik lieferte jüngst ein unschönes Beispiel von hehren Worten, denen leider keine Taten folgten. Bereits im Juli 2015 trat ein Gesetz zum Wechsel von Regierungsmitgliedern in die Wirtschaft in Kraft. In den ersten 18 Monaten nach Ausscheiden aus dem Amt sollen sie die Regierung darüber informieren. Doch das darüber beratende Gremium ist immer noch nicht besetzt.

Es hätte genau gesagt darüber zu entscheiden, ob nach der Abgabe eines Regierungspostens und vor der Annahme einer neuen Stelle eine Karenzzeit von 12 Monaten einzuhalten ist oder nicht. Dass die neuen Regeln noch nicht angewendet werden können, liegt am Versäumnis der Regierung selbst, die ein dazu erforderliches Gremium noch nicht besetzt hat. Darüber berichtet u.a. der Donaukurier. Nötig dafür wären Vorschläge der Regierung für die Besetzung der Ethik-Kommission, die noch nicht erfolgt sind. Doch wesentlicher als das Klären der Schuldfrage ist die Art des Umgangs mit diesem Missstand.

Die beiden Koalitionsparteien üben sich im leidigen Schwarzer Peter-Spiel: SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Christine Lambrecht machte Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) für die Verzögerung verantwortlich, er müsse den Verdacht ausräumen, dass die Union das Gesetz ausbremsen wolle. Helge Braun, der Staatsminister bei der Bundeskanzlerin, teilte auf Anfrage der Grünen mit, dass das Gremium nunmehr zeitnah etabliert werden könne. Dies hatte er aber auch schon Mitte Februar behauptet (Ausriss aus Plenarprotokoll vom 17.02.2016).

karenzzeit_plenarprotokollDie Transparenz-Organisation abgeordenetenwatch erhält vom Kanzleramt keine Einsicht in interne Dokumente, die Licht ins Dunkel bringen könnten. Die Grünen sprechen von einem „Armutszeugnis“, Wolfgang Jäckle von der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International sagte der Frankfurter Rundschau:

„Dass sich die Bundesregierung seit einem Jahr dieser Sache nicht annimmt, beschädigt die politische Kultur in diesem Land.“

KStA_Wirtsch-Wechselgesetz_12-07-16aGenau darum geht es: „Practice what you preach“, lautet ein Grundsatz glaubwürdiger und wirksamer Führung, der in diesem Fall sträflich vernachlässigt wurde. Auch im Kölner Stadt-Anzeiger moniert Karl Doemens in einem Kommentar zu Recht, dass das Gesetz bislang ins Leere läuft. Er schickt voraus, dass jeder Wechsel eines Regierungsmitglieds in die Wirtschaft Aufregerpotenzial hat, auch wenn keineswegs jede berufliche Veränderung anrüchig ist. Er schlussfolgert, unabhängig davon,

„ob Absicht, Kompetenzgerangel oder Unfähigkeit dahinter steckt: Wenn Kanzleramtschef Peter Altmaier den ramponierten Ruf der Politik nicht weiter beschädigen und allerlei wilden Spekulationen Vorschub leisten will, muss er diese absurde Hängepartie schleunigst beendigen.“

Laut abgeordnetenwatch hatte die Süddeutsche Zeitung berichtet, Innenstaatssekretär Ole Schröder wolle aus der Politik aussteigen: „Sobald er einen Wechsel in die Wirtschaft anzeigt, würde offenbar, was die Regierung angerichtet hat.“ Doch das ist nur der sichtbare Ausdruck einer inneren Einstellung.

Wie lässt sich diese Einstellung ändern?

SOTG_Be-Fair-MindedHier wäre es hilfreich gezielt an der Fairplay-Haltung der Verantwortlichen zu arbeiten. Entsprechende Lerneinheiten leite ich aus den Regelungen des Teamsports Ultimate Frisbee ab. Dort werden Respekt, Kommunikation auf Augenhöhe und Verbindlichkeit vorausgesetzt. Gemäß Fairplay-Kommission der UNESCO verhalten sich die Sportsleute fair, die vom anderen her denken. Dies wäre ein guter Anfang, gelegentlich die Perspektive zu wechseln und sich zu überlegen, wie solches Verhalten beim Wahlvolk ankommt.

Ein weiterer Punkt ist die geforderte Konsistenz bei der eigenverantwortlichen Anwendung von Regeln. Schließlich steht jeder in der Verantwortung, der sich aus freien Stücken zur Einhaltung von Gesetzen und Regeln bekennt. Insofern müssen wir unser Tun immer an unseren Worten messen lassen.

Das Konzept des „Spirit of the Game“ beim Teamsport Ultimate Frisbee betont fünf Hauptpunkte für das eigenverantwortliche Regulieren strittiger Situationen: Regelkenntnis – Respektvolle Kommunikation – Vermeiden von Körperkontakt – Faire Einstellung – Liebe zum Spiel. Bei Interesse an entsprechenden Vorträgen oder Workshops kontaktieren Sie mich bitte.

15. Juli 2016 von JoergBenner
Kategorien: Mitarbeiter-Wissen, Öffentlichkeitsarbeit, Verantwortung | Schlagwörter: , , , , , , , , | Schreibe einen Kommentar

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