Fairplay im Alltag 17-2017 – Gönnen gegen Geiz

Anderen etwas zu gönnen ist nicht nur die Freude an der Freude anderer. Es spricht von Großzügigkeit und Freigiebigkeit. Das Gegenteil davon ist grassierender Geiz, der anderen nichts gönnt: Keine Freude, kein Glück und keinen Wohlstand. Im Kölschen gibt es die Redensart: „Man muss auch gönnen können“.

Kein Wunder, wurde Geiz in der Magazinserie des Kölner Stadt-Anzeigers als „Falsches Gefühl“ unter dem Titel „Mieser geht’s nicht“ thematisiert. Darin beschreibt Caroline Kron typische knittrige Verhaltensweisen, die ihrem Gerechtigkeits-Empfinden mächtig in die Quere kommen. Daraufhin kommt sie auf den Schweizer Professor der Religionspädagogik Anton Bucher zu sprechen, dessen Untersuchungen zufolge diese Charaktereigenschaft von anderen am schlechtesten bewertet wird.

Unter christlichen Aspekten gilt Geiz nicht nur als Todsünde. Vielmehr bezeichnete Paulus ihn sogar als Wurzel allen Übels, da die gottgegebene Gleichheit dadurch verschoben würde. Umgekehrt könnte Besitzanspruch ebenso als Wurzel wirtschaftlicher Ungleichheit angesehen werden. Immerhin bereichern sich westliche Nationen noch heute am Elend Ausgebeuteter in ärmeren Ländern. Die Bilanz des Gebens und Nehmenes hält sich nicht die Waage.

Ist es aber nur das gute Gefühl, das zum Spenden anregt, oder ist es das gute Gefühl, verbunden mit der Gelegenheit, Spenden steuerlich absetzen zu können? Psychologisch wird Geiz als eine Erziehungssache dargestellt. Gemäß Sigmund Freud hätten geizige Menschen häufig als Kleinkinder sehr lange gebraucht, um Urin und Stuhl einzuhalten. Andererseits gebe es auch kulturelle Bedingungen, die die Geizgefährdung begünstigten.

Daneben wird ein Erbforscher herangezogen, der angeborene Eigenschaften wir Ängstlichkeit, Narzissmus und Egoismus ins Feld führt, um Geiz zu erklären. Geiz zu kurieren, könne am ehesten mit Erkenntnisgewinn gelingen, zitiert Autorin Kron den Pädagogen Bucher. Das klassische Beispiel aus der Literatur dafür ist Ebenezer Scrooge aus der „Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens.

Wenn sich nun kein Engel der Weihnacht über uns senkt, vielleicht hilft tatsächlich ein Einsehen in mitverschuldete Ungerechtigkeiten. Ausgleichende Gerechtigkeit heißt nicht nur aus Großmut „gönnen zu können“, sondern Ansprüche anzuerkennen und ihnen nachzukommen.

Anderen Menschen Erfolge und Freude zu gönnen ist wirklich ein wesentliches Kriterium eines glücklichen Lebens. Im Teamsport Ultimate Frisbee, der ohne externe Schiedsrichtende von den Spielenden selbst reguliert wird, geht es ebenfalls darum, die Freude über das Gewinnen wollen zu stellen.

Dazu gehören ausdrücklich Verhaltensweisen wie Gegner zu gelungenen Aktionen zu gratulieren als auch lieber mit einer fairen Einstellung zu verlieren als mit einer unfairen Einstellung zu gewinnen. Gleichzeitig „gönnen“ die Spielenden in einer strittigen, selbst zu klärenden Situation auch immer den Gegenspielenden ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und darauf auf einer Sichtweise zu beharren, die unserer vielleicht komplett widerspricht.

Insgesamt setzt sich die Fairplay-Regelung (genannt Spirit of the Game) im Ultimate gemäß Paragraf 1 aus fünf Hauptpunkten zusammen: Regelkenntnis, Empathie, respektvoller Umgang miteinander, das Vermeiden körperlicher Gewalt und eine positive, freudvolle Grundhaltung. Als „falsches Gefühl“ wäre Geiz in diesem Zusammenhang auf jeden Fall zu meiden.

Zu jedem der fünf Aspekte biete ich einen eigenen Fairplay-Workshops an. Bei Interesse daran oder an Vorträgen kontaktieren Sie mich bitte.

01. Mai 2017 von JoergBenner
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