Soziales Netzwerk bewährt sich erst in der Krise

Ehrlichkeit-FreundeDie Bedeutung virtueller Freunde thematisiert ein aktueller Beitrag des Bayerischen Rundfunks ohne Autorenangabe. Der Artikel bezieht sich auf einen Film von Martin Hardung, der für campus TV resp. für BR α produziert wurde, mit dem Titel: „Mangelware Freundschaft: Können wir auch ohne Freunde leben?“

Tenor des Beitrags ist, dass selbst gewählte Freundschaften in der Krise oft stärker tragen als familiäre Beziehungen. Ein starkes Freundschaftsnetz sei für die emotionale und psychische Gesundheit der wichtigere Faktor. Dabei spielten neben den tatsächlichen guten Bekannten in Sozialen Netzwerken auch sogenannte schwache Bindungen (Soziologen-Jargon „Weak Ties“) eine starke Rolle, wenn es um neue Impulse geht.

Der Artikel geht von der zunehmenden Tendenz zu Singlehaushalten vor allem in deutschen Großstädten aus. Dass inzwischen jeder fünfte Deutsche allen lebt, bedeutet jedoch nicht zwangsweise eine Vereinsamung. Allerdings führt eine glückliche Beziehung zu einer höheren Lebenserwartung. In der Folge beschreibt der Beitrag heute übliche Veränderungen in sozialen Netzen durch Berufs- und Partnerwechsel. Er Thematisiert jedoch nicht ausdrücklich die Frage, ob die neuen Beziehungen über Soziale Netzwerke einen adäquaten Ersatz für reelle Freunde darstellen können.

Soziale Netzwerke erleichtern Freundschaften, lautet einer der Hauptpunkte, dank moderner Technik lässt sich jederzeit ein neues Netzwerk aufbauen, ein weiterer. Allerdings erfordere dieser Aufbau eine hohe Eigenleistung, die gerade in einer Krisenzeit nicht jeder aufbringen könne. Davon unangetastet bleiben jedoch die lebenslangen Begleiter, die jedem Menschen quasi in die Wiege gelegt werden: Eltern, Geschwister und sonstige Verwandte – ganz unabhängig davon, in welcher faktischen Beziehung jemand zu ihnen steht.

Heutige Netzwerkforscher zweifeln an, dass die vom britischen Psychologen Robin Dunbar Anfang der 1990er-Jahre genannte Obergrenze von 50 Kontakten für das menschliche Gehirn heute noch Gültigkeit besitzt. Ein weiterer Punkt wird noch betont: Junge Leute teilen in Sozialen Netzwerken ganz überwiegend positive Erlebnisse. Nach Erkenntnissen der Kommunikationswissenschaftlerin Sonja Utz von der Freien Universität Amsterdam beschwerten sie sich sogar über negative Einträge wie Krankheiten. Die Software, die nur einen „Like-“, jedoch keinen „Dislike“-Button anbietet, habe insofern unser Verhalten bereits nachhaltig verändert.

 

11. Januar 2013 von JoergBenner
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