Mit der Bitte um Verständnis

plos-one-LogoWenn wir das Bedürfnis haben, einander ins Wort zu fallen, nutzen Menschen weltweit offenbar ein sehr ähnliches Wort, um nicht gar von verwandten Phonemen zu sprechen: „Hä?“ – Genau darüber hat jüngst Katrin Blawat in der Süddeutschen Zeitung geschrieben unter Berufung auf eine Studie eines Forscherteams um Mark Dingemanse vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik im niederländischen Nimwegen.

Sie geht von den vielfältigen Fallstricken unserer Kommunikation aus: Wenn einer den Faden verliert, weil er abgelenkt ist oder weil er etwas nicht verstanden hat, wenn sich einer durch das Verhalten oder die Wortwahl des anderen irritiert fühlt oder wenn die Verständigung aus einem anderen Grund nicht klappt.

Alle diese höchst unterschiedlichen Situationen, vom Smalltalk über das Fachgespräch bis hin zum Versuch, seine Gefühle mit anderen Menschen zu teilen, unterlägen kommunikativen Regeln, die großteils ungeschrieben seien. Ganz wichtig allerdings sei dabei eine Art Notfallplan, wenn wir sprachlich miteinander nicht klar kommen. Das eingangs genannte Forscherteam am Max-Planck-Institut in Nimwegen hat nun heraus gefunden, dass das Wort „Hä?“ offenbar weltweit in ganz ähnlicher Betonung Anwendung findet.

Chart_Is-Huh-a-universal-wordDa klingt selbst das erzieherische „Du sollst aber „Wie bitte“ sagen!“ etwas kleinlich. Analysiert wurden zehn verschiedene Sprachen auf fünf Kontinenten, darunter Englisch, Isländisch und Italienisch ebenso wie Mandarin, Niederländisch, Russisch und Spanisch sowie auch vom Aussterben bedrohte Sprachen in Ecuador, Ghana und Australien. In den untersuchten Alltags-Gesprächen kam immer dieses eine Wort zum Einsatz, das überall so ähnlich wie „Hä?“ klingt. Im Englischen schreibt man es „Huh?“, im Niederländischen „He?“, und noch kürzer im Spanischen „E?“ und im Mandarin-Chinesisch „A?“.

Das Forscherteam vermutet laut Bericht in der Süddeutschen, dass sich diese Lautgebung „mehrmals unabhängig voneinander in den verschiedensten Teilen der Erde entwickelt habe“. Als Begründung gibt es an, dass die menschliche Kommunikation und damit das soziale Leben offenbar stark von diesem linguistischen Hilfsmittel abhingen. Gleichzeitig ist die etwas blöd klingende, aber berechtigte Frage keine kleine Leistung: Kleinkinder beherrschen das Unterbrechen eines Gesprächs durch ein sinnvoll eingesetztes „Hä?“ erst mit etwa fünf Jahren. Zudem werden der Interjektion „unübertreffbare Vorzüge“ nachgesagt:

„Es ist kurz genug, um es in den Redeschwall des Gegenüber schleudern zu können. Außerdem stellt es so geringe Anforderungen an die Mechanik des Stimmapparates, dass es sich auch noch in größter Verwirrung artikulieren lässt.“

Das „Hä?“ beschreibt kurz gesagt das Empfinden, was die entsprechende schriftliche Formulierung oft beim Empfänger hinterlässt: „Mit der Bitte um Verständnis“ – was soviel heißt, dass es offenbar fehlt.

17. November 2013 von JoergBenner
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