Fairplay im Alltag 07-2017 – Idiotie begrenzen

Die Diagnose des offenbar psychisch vorbelasteten neuen US-Präsidenten dürfte vermutlich Narzissmus lauten. Dies legt nicht nur ein Interview im Kölner Stadt-Anzeiger mit dem Psychiater Raphael Bonelli nahe. Daneben wirft die Herrschaft dieses nur eingeschränkt kommunikationsfähigen Mannes die Frage auf, wie jüngst im Deutschlandradio thematisiert, ob uns die „Herrschaft des Idiotischen“ droht.

Der Philosoph Florian Goldberg zieht zunächst den Vergleich zwischen dem US-Präsidenten und dem „Dunklen Lord“ aus der Harry-Potter-Sage, dessen Name jedoch nicht aus Angst, sondern vielmehr aus Abscheu nicht ausgesprochen würde. Donald Trump erzeugt Reichweite um der Aufmerksamkeit willen, ganz gleich, ob seine Aussagen nachvollziehbar oder haltbar sind, so Florian Goldberg:

„Wenn wir nicht aufpassen, schlittern wir in eine veritable Idiotokratie. Womit ich weniger die Herrschaft der Dummen über die Klugen meine, also die naheliegende Übersetzung, als die Herrschaft des Idiotischen über das Vernünftige. Der dreisten Lüge über das abwägende Argument. Des Ressentiments über die Reflexion. Des Effekts über den Inhalt. Der Machtgier über den sozialen Frieden.“

Wenn wir uns nicht mehr nach Wahrheit und Vernunft richten, sind bald auch die Grundfeste unserer Normen und unserer politischen Grundordnung in Gefahr. „Die aufstrebenden Idiotokraten“, so der Autor,  in den USA ebenso wie in Europa und anderswo

„erzeugen einen semantischen Lärm, der ihnen den politischen Gegner samt liberaler Öffentlichkeit wie verwirrtes Wild vor die Flinten scheucht. Sie machen das recht gut. Das muss man ihnen lassen. Kaum eine Woche vergeht ohne die erfolgreiche Erregung politischen Ärgernisses und den kleinen, hämischen Triumph eines journalistischen Aufmachers.“

Florin Goldberg plädiert dazu, ihnen diesen Gefallen nicht länger zu tun, schon aus Gründen der eigenen Sorgfaltspflicht. Bei der Frage, wie wir stattdessen auf unverschämt  unrichtige Behauptungen reagieren sollten, rät er weiter dazu, etwa „wie eine gute Lehrerin (…), die pubertäre Anmaßungen durchschaut und mit gelassener Strenge ahndet.“  Wenn es dann darum ginge, notorische Störer der Schule zu verweisen, obliege dies uns, mit der Macht unserer Stimme an der Wahlurne.

Hier gilt der Satz „Jede Stimme zählt“ und auch die Binsenweisheit, dass es wichtig ist, die eigene Meinung kundzutun. Erst in der Vorwoche thematisierte ich, dass miteinander auszukommen klare Grenzziehungen benötigt. Dies verdeutliche ich am Beispiel des Teamsports Ultimate Frisbee, der ohne externe Schiedsrichtende angewiesen ist auf die Meinungsäußerungen und das Verhandeln strittiger Situationen durch die Beteiligten selbst. Bei Interesse an entsprechenden Vorträgen oder Workshops kontaktieren Sie mich bitte.

Aber noch einmal zurück zum aktuellen US-Präsidenten und zur Frage, wie sich Idiotie noch begrenzen ließe. Dazu noch einmal zur Erinnerung: Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht jeder hat das Recht auf eigene Fakten. Was also treibt möglicherweise Trump psychologisch? Dazu äußert der Psychiater Raphael Bonelli im erwähnten Interview mit Marie-Anne Schlolaut:

„Die Hypothese ist, dass (narzisstische) Männer weniger empathisch sind als Frauen, weitaus aggressiver und rücksichtloser agieren. Sie schätzen sich höher ein (…) und tun sich leichter damit, sich selbst zu idealisieren.“

Demnach ist Narzissmus begründet in der Erziehung der Kinder: Vor allem bei immer weniger zur Welt gebrachten Kindern werden diese in den Himmel gehoben und exzessiv gelobt. Das Kind verinnerlicht dann diese falsche, von den Eltern vorgelebte Einschätzung, die als Überschätzung in Narzissmus münden kann. Raphael Bonelli nennt die drei wichtigsten von neun Kriterien, die zentral für Narzissmus stehen:

  • „Selbstidealisierung. (…) Demzufolge blendet der Narzisst alles aus, was an ihm nicht perfekt ist. Alles, was großartig ist, wertet er auf. Das macht ihn angeberisch und unsensibel. (…)
  • Fremdabwertung. Ich werte andere ab. Der Narzisst kann nicht nachvollziehen, dass andere gelobt werden, wo es doch ihn, den vermeintlich Besten, gibt.
  • Fehlende Selbsttranszendenz. Das Wesen der Menschen ist es, selbstlos zu handeln und sich zu engagieren für eine Aufgabe, ein Ziel. Das fehlt dem Narzissten. Der Narzisst dient nur sich selbst.“

Jeder Mensch könne in diese Falle tappen, führt er weiter aus, ob sich nun mittelmäßige Menschen dadurch als etwas ganz Besonderes fühlen oder ob hochintelligente Menschen deshalb Experten abwerten und nicht gelten lassen. Gegenüber einem Perfektionisten, der angstvoll um sich selber kreise, kreise ein Narzisst selbstverliebt um sich selbst. Beide jedoch seien beratungsresistent und insbesondere die Narzissten nicht kritikfähig.

Abschließend finde ich es für den Umgang mit solchen Menschen wichtig sich darüber bewusst zu sein, dass sie, insbesondere narzisstische Männer, Meister der Manipulation sind: Der Narzisst gebe sich durch und durch männlich (welchem Ideal auch immer entsprechend) und er erkenne sehr schnell, was ihm von Nutzen ist. Dann, wenn Narzissten Profit witterten, seien sie auch in der Lage Gefühle zu zeigen und könnten mit dem „Charme eines Psychopathen“ anfänglich sehr mitreißend sein.

Es bleibt somit festzuhalten, dass narzisstischen Männern viele Grundlagen eines fairen Umgangs auf Augenhöhe fehlen:

  • vorneweg Empathie,
  • dann Respekt im Sinne von Rücksichtnahme,
  • weiter Objektivität,
  • Selbstreflexivität
  • und Aufrichtigkeit.

Mein Ansatz wäre daher Gesprächspartnern diese Defizite immer wieder vor Augen zu führen (auch auf die Gefahr hin, dass sie es nicht wahrhaben wollen).

18. Februar 2017 von JoergBenner
Kategorien: Mitarbeiter-Wissen, Verantwortung | Schlagwörter: , , , , , , , , | Schreibe einen Kommentar

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