Auf der Suche nach konkreten Umgangsregeln
In Zeiten eines „Alles kann – Nichts muss“ wirkt der Knigge antiquiert. Dennoch bin ich auf der Suche nach Regeln des respektvollen Umgangs miteinander, die ein gegenseitiges Auskommen erleichtern, ohne jedoch aufgezwungen zu sein. Die Zustimmung zur wechselseitigen Anerkennung muss jedoch von allen Teilnehmern einer Gruppe freiwillig kommen.Anlass für meine Überlegungen ist einerseits die anhaltende Beschäftigung mit dem Fairplay-Verhalten im Sport (v.a. gemäß Paragraf 1 des Regelwerks von Ultimate Frisbee) und andererseits eine Kolumne im Kölner Stadt-Anzeiger, in der Svenja Kemper aus dem „Junge Zeiten“-Team die rückläufige Zahl an bereitwilligen Grüßern bemängelt (s. Titelausriss oben). Diese Feststellung korrespondierte mit dem Thema des jüngst durchgeführten Workshops zum Thema „laterale Führung am Beispiel von Ultimate Frisbee“, wobei die Teilnehmer das Leitbild der Uni des Saarlandes mit konkreten Handlungsanweisungen zum Leben erwecken sollten.
Das Ziel der Übung, die ein Konfliktmanagement auf Augenhöhe anstrebt, ist eine Verknüpfung hehrer Ideale oder visionärer Forderungen mit konkreten Mitteln, um dies an der Basis umzusetzen. Als Vorbild dafür gilt der Paragraf 1 des Ultimate-Regelwerks, in dem nicht nur die Eigenverantwortung der Akteure und die Bedingungen hierfür genannt werden (Punkt § 1.3), sondern konkrete positive und negative Beispiele an Handlungen, die „auf einem gemeinsamen Betätigungsfeld“ gerne gesehen werden bzw. nicht gerne gesehen werden (Punkte § 1.5 und 1.6).
Diese Liste (s.u.) ist weder vollständig noch „in Stein gemeißelt“, doch sie gibt Anhaltspunkte dafür, wie ein Auskommen miteinander funktionieren kann – zumal, wenn es ohne einen Vorgesetzten oder ohne externen Schiedsrichter ablaufen soll. Voraussetzungen dafür, die wir im Workshop zunächst festgehalten haben:
– Laterale („seitliche“) Führung findet auf Augenhöhe ohne Weisungsbefugnis durch Überzeugen statt
– Dabei stehen Teambuilding, Motivation und Sinnhaftigkeit des Tuns im Vordergrund
– In der Realität der Arbeitswelt gibt es meist Mischformen von Führungsstrukturen
– Klassische Einsatzgebiete lateraler Führung sind Projektgruppen, Ehrenamt, freie Mitarbeiter…
Im Weiteren sind sicherlich noch einige weitere Techniken notwendig, um gerade im Fall eines aufziehenden Konflikts erfolgreich zu vermitteln. Doch gerade dabei hilft die wechelseitige Zustimmung auf gemeinsam vereinbarte Regeln, die durchaus von allen Beteiligten unterschrieben werden könnten. Folgendermaßen sieht eine Gegenüberstellung der Positiv- und Negativliste aus den Ultimate-Regeln mit solchen aus, die sich für Projektgruppen im Berufsalltag eignen:
Quelle |
Beispiele positiver Handlungen |
Mögliche Entsprechungen für Projektgruppen im Berufsalltag |
§ 1.5.4 |
sich dem Gegenspieler vorstellen |
sich bei der ersten Begegnung begrüßen |
§ 1.5.5 |
auf Meinungsverschiedenheiten und |
emotional herunterfahren, von persönlichen Schuldzuweisungen absehen |
§ 1.5.1 |
Mitspieler darüber informieren, wenn er einen falschen oder unnötigen Call gemacht oder eine Regel verletzt hat |
Gesprächspartner darauf hinweisen, wenn er einen Denkfehler oder eine unangebrachte Verhaltensweise begeht |
§ 1.5.2 |
einen Call zurücknehmen, wenn er sich |
von einer Meinung abrücken, wenn sie sich als falsch oder unnütz erweist |
§ 1.5.3 |
dem Gegner für ein gutes Spiel danken |
„gönnen können“, bei Auszeichnungen und Anerkennungen ohne Neid bleiben |
(…) |
(…) |
|
Quelle |
Beispiele negativer Handlungen |
Mögliche Entsprechungen für Projektgruppen im Berufsalltag |
§ 1.6.2 |
absichtliches Foulen oder andere absichtliche Regelverletzungen |
absichtliches Verstoßen gegen |
§ 1.6.1 |
gefährliches Spiel und aggressives Verhalten |
rücksichtsloses Vorgehen, sowohl |
§ 1.6.3 |
Reizen oder Einschüchtern von Gegenspielern |
Triezen und Mobben von Mitarbeitern |
§ 1.6.4 |
respektloses Feiern nach Punkten |
überhebliches Verhalten und |
§ 1.6.5 |
Callen zur Revanche |
Beeinträchtigen anderer aus Rachegelüsten |
§ 1.6.6 |
Rufen, um den Gegenspieler zu verleiten, |
Bewusstes Irritieren und |
(…) |
(…) |
Sollten Sie Interesse daran haben, die Entsprechungen des Fairplays aus dem Sport für das Berufsleben sowie den Wertetransfer aus einem allgemeinen Leitbild in konkrete Handlungsanweisungen näher kennenzulernen, kontaktieren Sie mich bitte. Ich stehe für Vorträge mit Diskussion, Seminare und Workshops, die eine sportliche Betätigung mit enthalten, bereit.